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Volltext: Bericht über die Weltausstellung zu Wien im Jahre 1873

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nehmen, wenn er sich ferne hält. Kechnen wir dazu noch die 
vieltachen Hindernisse anderer Art, die natürliche Indolenz und 
den geringen Vortheil, der auch im günstigsten Talle für den 
Aussteller erwächst und wir haben Umstände genug, welche die 
Haue Betheiligung, wenn nicht rechtfertigen, so doch erklären. 
Was von ganz besonderer Wichtigkeit, namentlich bei wissen 
schaftlichen Instrumenten, das ist, dass sie genau ersichtlich, 
nach irgend einem System oder irgendwelcher Ordnung ausgestellt 
werden, und dass man die einzelnen Theile sowie das Ganze in 
seiner Zusammenstellung und seinen Zwecken und Effecten ver 
folgen könne. Wir sagen dies Alles in Bezug auf eine ziemlich 
wohlgeordnete Ausstellung und fügen noch bei, dass dazu eine 
intelligente Erklärung absolut nothwendig ist. Die einzelnen Ge 
biete sind nunmehr schon so gross geworden, dass sie sich nicht 
mehr als kleiner Theil in ein Ganzes einzwängen lassen, sondern 
sie müssen für sich wohlgeordnete, separate Ausstellungen bilden, 
in denen die Gegenstände nicht mehr als Handelsartikel hinter 
grossen Glaskästen für das grosse Publicum wie in einer Schau 
bude prangen, sondern sich in Leben und Thätigkeit dem Fach- 
manne und wissbegierigen Laien vorführen. 
Deutschland hat dies wohl begriffen und hat seine Aus 
stellung, in soweit es bei dem beschränkten Baume, der gedrängten 
Zeit und den sonstig ungünstigen Verhältnissen möglich war, 
best geordnet, hat ihr einen tüchtigen Fachmann als Commissär 
beigegeben, so dass Jedermann vollkommen in der Lage war, 
sich über die ausgestellten Gegenstände zu informiren. Darin 
war es aber auch einzig geblieben und haben überhaupt nur 
Deutschland, Frankreich, Schweiz und Oesterreich in 
dieser Gruppe sich au der Ausstellung betheiligt (denn die 
den andern Staaten zufallenden Objecte der XIV. Abtheilung 
waren weniger zahlreich und wichtig): so vermissen wir in allen 
diesen Ländern, mit Ausnahme Deutschlands, jene rationelle Aus 
stellungsmethode, welche die nicht sehr zahlreichen Objecte we 
nigstens zu ihrer Geltung gebracht hätte*). 
*) Ganz besonders leidig war dieser Umstand in der österr. Abtheilung: 
es war unmöglich in die wohlverschlossenen Glaskästen einzudringen, un-
	            		
301 War Deutschlands Ausstellung in dieser Gruppe in Bezug auf die Anordnung vor der anderer Länder ausgezeichnet, so war sie noch weit mehr überlegen in der Menge und in dem wissenschaftlichen Werthe der von deutschen Instituten gebrach ten Objecte. Die Jahrhunderte andauernde deutsche Decentra- lisation hat eine ganze Reihe auf die einzelnen Staaten und Ländchen vertheilter Universitäten und wissenschaftlicher An stalten creirt, welche alle wieder ihre besonderen mechanischen Institute u. s. w. besitzen und die mehr als 200 deutschen Aus steller dieser Gruppe haben sich in höchst lobenswerthem Eifer bemüht, den Fortschritt der deutschen Wissenschaft auch auf der Ausstellung zur Geltung zu bringen. Gedenken wir nur der Ausstellung der Institute von Siemens & Halske in Berlin, die auf dem Gebiete der Elektricität schon für sich allein eine Ausstellung zu Stande gebracht hatten, in der sie allen andern auch nichtdeutschen Instituten zusammengenommen, weit über legen waren. Gedenken wir nur der neuen Spiegel-Galvano meter, Universal-Widerstandsapparate, elektro - dyna mischen Maschinen, elektrischen Lampe, der neuen drei automatischen Telegraphen u. s. w., denken wir ferner der enormen Verdienste, die dieser Name schon seit Anfang der dreissiger Jahre um die Entwicklung der Telegraphie hat, und möglich irgend eine Auskunft zu erhalten, dazu waren einzelne Objecte nur mit Nummern, andere sogar falsch benannt u. s. w. Die Wiener Aussteller dieser Gruppe hätten noch nach Eröffnung der Ausstellung etwas von den Deutschen lernen können und konnten zugleich wissen, dass es für einen Fremden, der zur Ausstellung nach Wien kommt, ebenso weit ist nach der Leopoldstadt oder nach einer anderen Vorstadt, wohin er um eine kleine Auskunft hätte jedesmal laufen müssen, als wie nach München oder Graz, d. h. es ist ihm nicht möglich, die betreffende Adresse suchen zu gehen. Es wäre den Wienern ein Leichtes gewesen, an bestimmten Lagen irgend Jemanden, sei es auch nur ein intelligenter Manipulant, mit den nöthigen Erklärungen versehen, zur Bequemlichkeit des Pnblicums in die Ausstellung zu schicken, welcher den sich Interessirenden Auskunft geben konnte und ihnen Zeitverlust und Aerger erspart hätte. Es wurde dies besonders in der österr. Abtheilung, die in einzelnen Zweigen geradezu glänzen konnte, sehr vermisst, und umsomehr, als es den Wienern leichter und billiger zu stehen gekommen wäre, als den andern ausstellenden Staaten.
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