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nehmen, wenn er sich ferne hält. Kechnen wir dazu noch die
vieltachen Hindernisse anderer Art, die natürliche Indolenz und
den geringen Vortheil, der auch im günstigsten Talle für den
Aussteller erwächst und wir haben Umstände genug, welche die
Haue Betheiligung, wenn nicht rechtfertigen, so doch erklären.
Was von ganz besonderer Wichtigkeit, namentlich bei wissen
schaftlichen Instrumenten, das ist, dass sie genau ersichtlich,
nach irgend einem System oder irgendwelcher Ordnung ausgestellt
werden, und dass man die einzelnen Theile sowie das Ganze in
seiner Zusammenstellung und seinen Zwecken und Effecten ver
folgen könne. Wir sagen dies Alles in Bezug auf eine ziemlich
wohlgeordnete Ausstellung und fügen noch bei, dass dazu eine
intelligente Erklärung absolut nothwendig ist. Die einzelnen Ge
biete sind nunmehr schon so gross geworden, dass sie sich nicht
mehr als kleiner Theil in ein Ganzes einzwängen lassen, sondern
sie müssen für sich wohlgeordnete, separate Ausstellungen bilden,
in denen die Gegenstände nicht mehr als Handelsartikel hinter
grossen Glaskästen für das grosse Publicum wie in einer Schau
bude prangen, sondern sich in Leben und Thätigkeit dem Fach-
manne und wissbegierigen Laien vorführen.
Deutschland hat dies wohl begriffen und hat seine Aus
stellung, in soweit es bei dem beschränkten Baume, der gedrängten
Zeit und den sonstig ungünstigen Verhältnissen möglich war,
best geordnet, hat ihr einen tüchtigen Fachmann als Commissär
beigegeben, so dass Jedermann vollkommen in der Lage war,
sich über die ausgestellten Gegenstände zu informiren. Darin
war es aber auch einzig geblieben und haben überhaupt nur
Deutschland, Frankreich, Schweiz und Oesterreich in
dieser Gruppe sich au der Ausstellung betheiligt (denn die
den andern Staaten zufallenden Objecte der XIV. Abtheilung
waren weniger zahlreich und wichtig): so vermissen wir in allen
diesen Ländern, mit Ausnahme Deutschlands, jene rationelle Aus
stellungsmethode, welche die nicht sehr zahlreichen Objecte we
nigstens zu ihrer Geltung gebracht hätte*).
*) Ganz besonders leidig war dieser Umstand in der österr. Abtheilung:
es war unmöglich in die wohlverschlossenen Glaskästen einzudringen, un-
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War Deutschlands Ausstellung in dieser Gruppe in
Bezug auf die Anordnung vor der anderer Länder ausgezeichnet,
so war sie noch weit mehr überlegen in der Menge und in dem
wissenschaftlichen Werthe der von deutschen Instituten gebrach
ten Objecte. Die Jahrhunderte andauernde deutsche Decentra-
lisation hat eine ganze Reihe auf die einzelnen Staaten und
Ländchen vertheilter Universitäten und wissenschaftlicher An
stalten creirt, welche alle wieder ihre besonderen mechanischen
Institute u. s. w. besitzen und die mehr als 200 deutschen Aus
steller dieser Gruppe haben sich in höchst lobenswerthem Eifer
bemüht, den Fortschritt der deutschen Wissenschaft auch auf
der Ausstellung zur Geltung zu bringen. Gedenken wir nur der
Ausstellung der Institute von Siemens & Halske in Berlin,
die auf dem Gebiete der Elektricität schon für sich allein eine
Ausstellung zu Stande gebracht hatten, in der sie allen andern
auch nichtdeutschen Instituten zusammengenommen, weit über
legen waren. Gedenken wir nur der neuen Spiegel-Galvano
meter, Universal-Widerstandsapparate, elektro - dyna
mischen Maschinen, elektrischen Lampe, der neuen drei
automatischen Telegraphen u. s. w., denken wir ferner der
enormen Verdienste, die dieser Name schon seit Anfang der
dreissiger Jahre um die Entwicklung der Telegraphie hat, und
möglich irgend eine Auskunft zu erhalten, dazu waren einzelne Objecte nur
mit Nummern, andere sogar falsch benannt u. s. w. Die Wiener Aussteller
dieser Gruppe hätten noch nach Eröffnung der Ausstellung etwas von den
Deutschen lernen können und konnten zugleich wissen, dass es für einen
Fremden, der zur Ausstellung nach Wien kommt, ebenso weit ist nach der
Leopoldstadt oder nach einer anderen Vorstadt, wohin er um eine kleine
Auskunft hätte jedesmal laufen müssen, als wie nach München oder Graz,
d. h. es ist ihm nicht möglich, die betreffende Adresse suchen zu gehen.
Es wäre den Wienern ein Leichtes gewesen, an bestimmten Lagen irgend
Jemanden, sei es auch nur ein intelligenter Manipulant, mit den nöthigen
Erklärungen versehen, zur Bequemlichkeit des Pnblicums in die Ausstellung
zu schicken, welcher den sich Interessirenden Auskunft geben konnte und
ihnen Zeitverlust und Aerger erspart hätte. Es wurde dies besonders in der
österr. Abtheilung, die in einzelnen Zweigen geradezu glänzen konnte, sehr
vermisst, und umsomehr, als es den Wienern leichter und billiger zu stehen
gekommen wäre, als den andern ausstellenden Staaten.