404 Gruppe III. Chemische Iudustrie.
organischen Säuren werden indess erst durch künstliche Processe her
vorgebracht und besitzen infolge ihrer Darstellung oder ihrer Eigen
schaften ein ausschliesslich wissenschaftliches Interesse. Sobald es aber
gelingt, die Darstellung in Bezug auf die Anzahl und Beschaffenheit
der dazu nöthigen chemischen Operationen wesentlich zu vereinfachen,
so streben alsbald Industrie und Heilkunde erfolgreich danach, die
Eigenschaften der nun leicht zugänglich gemachten Säure für ihre
Zwecke nutzbar zu machen. Ein eclatantes Beispiel dafür aus neuester
Zeit ist die. Salicylsäure.
Die Fortschritte auf allen Gebieten der Wissenschaft in den letz
ten zehn Jahren sind auch in dieser Richtung von dem fruchtbringend
sten Einfluss gewesen. Die Technik einer erheblichen Anzahl orga
nischer Säuren ist in diesem Zeitraum theils wesentlich gefördert,
theils überhaupt erst ins Leben gerufen worden. Sie werden im Fol
genden in der Reihenfolge, die ihrer Stellung im System der orga
nischen Chemie entspricht, behandelt werden.
Fettsäuren 1 ).
Ein Theil der allgemein als „Fettsäuren“ bezeichneten einbasischen
Säuren, nämlich die Essigsäure und die in den Fetten als Glycerinäther
enthaltenen Fettsäuren im engeren Sinne des Worts, dienen bekanntlich
schon seit den ältesten Zeiten menschlicher Cultur den Bedürfnissen
des praktischen Lebens und bilden seit lange die Grundlage einer um
fassenden Industrie.
Yon den übrigen Säuren dieser Gruppe haben erst in der neuesten
Zeit einige Eingang in die Technik gefunden, nachdem die neuere
Forschung gezeigt hat, dass es die zusammengesetzten Aether dieser
Säuren sind, welche, im Haushalt der organischen Natur fertig gebildet,
einem grossen Theil der als Genussmittel geschätzten Pflanzenfrüchte
ihren charakteristischen Geschmack und Geruch verleihen. Die Indu
strie hat sich dieser Beobachtung bald bemächtigt und mit Erfolg W
der Herstellung sogenannter Fruchtessenzen für die Zwecke der Par
fümerie und Liqueurfabrikation das Naturproduct durch das künstliche
Surrogat zu ersetzen gewusst.
Es sind ausser den Aethern der Essigsäure namentlich
Ameisensaures Methyl, Aethyl und Amyl;
Buttersaures Aethyl, Butyl und Amyl;
Valeriansaures Aethyl und Amyl und
Pelargonsaures Aethyl,
deren Fabrikation entsprechend dem erhöhten Yerbrauch jener Luxus-
!) Von O. D.