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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 195)

konnte auch die neue Kunstgewerbeschule dem künstlerischen Bedürfnisse 
mit jungen Kräften Genüge leisten. Aber der Chef des Hauses Haas blieb an 
der Spitze der Bewegung, was er wiederum auf der Ausstellung der öster- 
reichischen Kunstindustrie in den neuen Räumen dieses unseres Museums 
bei ihrer Eröffnung bewies. Die voll eingerichteten und decorirten Gemächer 
auf derselben waren die ersten in ihrer Art. Heute folgt alle Welt. 
Als die Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 nahte, da kümmerte 
er sich nicht allzuviel um die Commissionen und was in denselben vor- 
ging und geredet wurde - es war seine Sache nicht - aber er war ent- 
schlossen, der Welt zu zeigen, was eine österreichische Fabrik leisten könne. 
Jede gute ldee, die von den Künstlern des Museums ausging, fand bei ihm 
offenen Sinn und er lieh ihr die Ausführung, und so kam eine Ausstellung 
seines Hauses zu Stande von geradezu überwältigender Wirkung. Nicht 
blos, dass hier auf dem Concurrenzfelde im Prater kein anderes Land ihm 
nur annähernd Aehnliches zur Seite stellte, keine der vorausgegangenen 
Weltausstellungen hatte etwas Aehnliches gesehen. 
Die Ausstellung der Firma Philipp Haas und Söhne glänzte durch 
Größe, Schönheit, Vielseitigkeit und Neuheit. Vielseitig waren die Gegen- 
stände, denn neben den verschiedenen Teppichen in orientalischer wie in 
europäischer Art strahlte eine Fülle der kostbarsten Decorationsstoffe in 
Wolle, Seide und Gold, für Wände, Möbel und Vorhänge. Neu waren 
sie, denn die Muster waren zum großen Theile nicht ohne Kühnheit alten, 
unbekannten und ungeübten, sowohl orientalischen wie europäischen, selbst 
mittelalterlichen Motiven nachgebildet worden, ein Vorgang, der nur durch 
die Sammlungen des Museums und durch die kaiserlichen Teppichschätze 
im Depöt zu Schönbrunn ermöglicht worden. In der Nachbildung eines 
alten persischen Goldteppiches war selbst eine schwierige Technik wieder 
belebt, welche der Orient seit zwei Jahrhunderten vergessen und Europa 
niemals versucht hat. Gänzlich neu in Art und Decoration waren ferner 
die zwei Reihen von Zimmercotnpartimenten, welche die Ausstellung der 
Firma Haas Hankirten. Hier waren nicht blos die Steife gezeigt, sondern 
sofort schon ihre Verwendung in eben so glänzender wie künstlerischer 
Weise. 
Und hier darf ich auch wohl ein kurzes Wort sagen von der künst- 
lerischen Art aller dieser Gegenstände und dem Umschwunge derselben, 
der von dem Museum theoretisch ausging und von Eduard von Haas auf 
seinem Gebiete praktisch in das Leben übertragen wurde. Bis dahin war 
das Reich der Fußteppiche von überströmender Blumenmasse in brutaler 
Farbenpracht und riesenhaft vergrößerten Naturformen erfüllt gewesen, 
eine Ornamentationsvreise, welche die Engländer zu Gärten, Landschaften 
und Wäldern übertrieben hatten; die Franzosen aber hatten die ganze 
architektonische Stuccatur-Decoration des Plafoncls nachahmend auf den 
Fußteppich übertragen und in die Zwischenfelder Blumenbouquets hinein- 
gelegt. An die Stelle beider Arten ist nun heute ganz und gar die orien-
	        
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