Alter, erschüttert von einer rathselhaften Leidenschaft, noch einmal eine Reihe von
Zeichnungen ausführte, die nicht nur ihren Inhalt, sondern wie in seiner Jugend zum
Theile auch ihre Form antiken Kunstwerken verdanken.
Am l. Dezember hielt Dr. Eder einen Vortrag über die Farben in der Photo-
graphie und die Photographie in Farben. Der Redner genießt den Ruf, einer der bedeu-
tendsten Chemiker und Theoretiker auf dem Gebiete der Photographie zu sein und so
ist es entschuldbar, wenn wir über den hochinteressanten Inhalt seines Vortrages nicht
in's Detail zu referiren vermögen. Wir begnügen uns anzudeuten, dass zuerst die Schwierig-
keit der Photographirung der Farben eingehend besprochen wurde und die verschiedene
Art, in welcher die Farben bei der Photographie sich zeigen, an Anfnahmen von Bildern
durch Hauck und textilen Stoffen durch Dr. Szekely. Scherzhafte Rathschläge bezüglich
der Toilette für Herren und Damen, wenn sie sich photographiren lassen wollen, zogen
die Consequenzen aus dem Vurgesagten. Hierauf ging der Vortragende daran, die ver-
schiedenen Methoden zu besprechen, nach denen jetzt dem Uebelstande abgeholfen wird,
dass man noch nicht fertige farbige Platten bei der Photographie je erzielen kann. Es
wurden also die zwei Arten der Chromophotographie erklärt, dann Winter's Linographie
mit Aignefs Ueberrualung, die Gobelinimitation in der trefflichen Weise, wie Professor
Sturm einzelne Stücke geliefert hat; ferner die Herstellung von Transparentbildern, die
VidaPsche Photochromie, die Lichtdrucke in Farben von Obernetter und die Albertotypie,
als Aufnahmen von Teppichen und selbst Landschaften durch gefärbte Gläser oder Flüssig-
keiten. Schließlich wurden die Verdienste dilettirender Franzosen und Engländer urn die
Photographie in Farben gewürdigt, und wenn dieselben auch noch zu keinem befriedi-
genden Resultate führten, so ist nunmehr bei dem erweiterten Interesse für diese wich-
tige Frage, nach der Ueberzeugung des Redners, deren endliche Lösung doch in sichere
Aussicht zu stellen. - Der durch zahlreiche Beispiele, Wandtafeln etc., illustrirte Vortrag
wurde vorn Publicum sehr beifallig aufgenommen.
Literaturbericht.
vDas Wiener Heiligthumbuchm Nach der Ausgabe vom Jahre 1502 sammt
den Nachträgen von 1514 mit Unterstützung des k. k. Handelsmini-
steriums herausgegeben vom k. k. Oesterr. Museum für Kunst und
Industrie. Wien, Gerold 8c Co., 1882. 4.
Es war eine schone Idee, bei dem durch Gründung des Wiener Dombauvereines
wiedererstarkten Interesse für; Wiens architektonisches; XVahrzeichen das Heiligthumbuch
von St. Stephan, das im Original nur höchst selten zu finden ist, neu herauszugeben.
Die Idee ging von der Direction des Oesterr. Museums aus, den einleitenden Text und
die Ueberwnchung des Druckes besorgte Herr Franz Ritter, Beamter an der Museums-
Bibliothelt. Und Liebe zur Sache und Verständnis: für die technischen Verfahren der
Reproduction sprechen sich in dieser Leistung Ritter's aus, der in der Einleitung
überdies ein Muster von gründlicher Arbeit über das schon öfter in Angritf genommene,
aber niemals so erschöpfend wie hier behandelte Thema der Heiligthumbücher und
speciell das des Wiener Domes zusammengestellt hat. Zudem bietet der Formenreichthum
der hier (in Photozinltogrnphien der Staatsdruckerei) dargestellten kirchlichen Gefäße
und Gerathe auch ein praktisches Interesse als Vorbild für die heutige Industrie auf dem
Gebiete der kirchlichen Kunst. Der Reinertrag dieser Publication ist dem Wiener Dombau-
vereine gewidmet.
Führich, J. Ritter v.: Das Leben Mariens. Ein Bildercyklus von 28
Contourzeichnungen. Einsiedeln, bei Gebt. Benzinger, 1882. qu.-Fol.
Unter den Werken, welche am Jahresschluss erschienen sind, nimmt FOhrich's
nMarienlebem einen ausgezeichneten Rang ein. Wir empfehlen das Studium des gedanken-
reichen Werkes auch den Zöglingen der Kunstgewerbeschule, von denen sich mehrere,
ihrem Herzenszuge folgend, mit der Kunst in der Kirche beschäftigen. Denn auch die
Künstler, welche sich der Kunstindustrie widmen, müssen directe Fnhlung mit der großen
Kunst und ihren Meistern sich bewahren. Nichts ist daher für unsere Künstler und Kunst-
jünger befruchtender, als das Studium der Werke Fuhrich's, denn unbestritten ist er der
ltervorragendste Meister des großen Styles, den Oesterreich in unserem Jahrhundert be-
sessen hnt. Das wMarienlebem, dessen sind wir sicher, wird seinen Weg durch die ganze