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Andere Zweige der würtembergischen Industrie scheinen dagegen
von der Kunst und den Künstlern noch ganz verlassen zu sein. Dies
gilt vor Allem von den Glasgegenständen. Drei bis vier Aussteller, alte
Fabriken, wie die Gebrüder Böhringer in Buhlbach, Tritschler in
Stuttgart, Ludwigsburg, Tübingen und Reutlingen, vertraten das Fach
in ziemlich ausgedehnter Weise, so dass wohl ein Schluss auf dasjenige,
was das Land wirklich leistet, nicht fehl geht. Wir waren, aufrichtig
gesagt, erstaunt, die Glasfabrication künstlerisch auf einer so niedrigen
Stufe zu erblicken. Unter den zahlreichen Trinkgefäßen jeder Art und
jeden Kalibers, wofür doch heute bereits so reizende Formen geschaffen
werden und auf jeder Weltausstellung zahlreich zu sehen sind, war auch
nicht eine einzige schöne oder gefällige Form: alles plump und schwer,
ohne Gefühl für Contour, Verhältnisse und Gliederung. In dieser Bezie-
hung ist die böhmisch-österreichische Glasindustrie der würtembergischeit
wenigstens weit vorausgeeilt. Indern sie den höchsten Werth auf die
Schönheit und Reinheit der Formen, sowie auf ein feines, zierliches, ein-
geschliffenes Ornament legt, hat sie nicht blos -'- und zwar für ein ganz
modernes Gefühl - den richtigen Weg gefunden, sondern auf diesem
Wege auch einen guten Vorsprung gewonnen. Wir möchten ihr nur_
rathen, diesen Umstand nicht zu vergessen, das Mittel, welchem sie diese
jüngsten Erfolge verdankt, nämlich die Schönheit in Form und Ornament,
niemals aus den Augen zu setzen, sondern sich auf dem gleichen Wege
fortschreitend fort und fort zu vervollkommnen.
Nicht einmal die grünen Gläser, worauf in Deutschland bei der Vor-
liebe für altdeutsche Art und Kunst so viel Werth gelegt wird, waren ge-
lungen. Diejenigen z. B., welche gegenwärtig von der Gesellschaft zu
Ehrenfeld bei Köln gemacht werden, sind viel gelungener. Und noch
schlimmer steht es mit den mehrfarbigen, überfangenen und ausgeschlif-
fenen oder gefärbten Glasgefäßen, die den Standpunkt dieses böhmischen
Fabricats, wie es vor zwanzig Jahren war und heute vielleicht in den
österreichischen Hinterwäldern für den ordinärsten Geschmack geschaffen
wird, nicht überschritten haben.
Nur einige sehr zierliche Glasgefäße nach Venetianer Art von Kel-
ler-Leutzinger ließen sich mit Vergnügen ansehen. Aber das sind -
ebenso wie die von ihm ausgestellten gemalten Teller - nicht Erzeug-
nisse der Industrie, sondern ganz vereinzelte individuelle Arbeiten eines
feinfühlenden Künstlers, der allerdings der Industrie von großem Nutzen
sein könnte, wenn er an einem Hauptsitze des großen kunstindustriellen
Schaffens lebte. Keller-Leutzinger hat entschiedene Begabung in
dieser Richtung, wie sein früheres Wirken in der Schweiz bereits gezeigt
hat. In Stuttgart beschäftigt ihn die Literatur.
Etwas besser als die Glasgegenstände lassen sich wohl die glasirten
Thonarbeiten Würtembergs ansehen. Es ist aber nicht viel, was zur Aus-
stellung gekommen. Uechtritz St Faist in Schramberg, so ziemlich die