Die zahlreiche Zuhörerschaft folgte den geistvollen und anregenden Erörterungen
des Vortragenden mit grossem Interesse und gab am Scblusse ihre Befriedigung lebhaft
zu erkennen. _
Am H. Jknner folgte Custos Chmelarz mit einem Vortrage über -die Erfindung
der Bucbdruckerkunsh. Die Veranlassung zur Wahl dieses Themas war das diesjährige
Jubiläum wegen Einführung der Buchdruckerkunst in iVien und die im Monate Juni zu
veranstaltende Ausstellung von Wiener Druckerzeugnissen in den Räumen des Oesterr.
Museums. Der Vortragende fasste das Wort Druckkunst _in seiner weitesten Bedeutung
und schilderte daher in Kürze zunächst den Stempeldruck der Egypter, Assyrer, Griechen,
Römer und legte dar, dass in einzelnen Stellen alter Autoren, wie Cicero und Quinctilian
die Idee der beweglichen Lettern bereits klar ausgesprochen ist. Nachdem hierauf die unvoll-
ständige. weil nicht ganz ausgenutzte Erfindung der beweglichen Lettern bei den Chinesen
im X1. Jahrhunderte erwähnt worden war, wurden die in Europa vor Gutenberg in Uebun
bestandenen Druekverfahren erörtert, nämlich der Druck von Initialen in Handschriften,
der Zeug- und Teigdruck, die Herstellung der Schruttblatter und die Anfange des Holz-
schnittea und Kupferstiches, sowie des ersteren Verwendung zum Druck der sogenannten
Blockhucher. Die Frage, ob sich Gutenberg anfänglich mit der Herausgabe solcher Block-
buclxcr beschäftigt habe, führte dazu, die Persönlichkeit Gutenbergs und seine Lebens-
geschichte, soweit es auf Grundlage der spärlichen Documenta möglich ist, den Zuhörern
zu schildern, wobei nach Dr. Linde's Vorgang als das Wesentliche von Gutenbergs Ver-
dienst die Erfindung des Letterngusses, die Typographie, hervorgehoben wurde. An die
der biographischen Erzählung eingeüochtene Aufzählung der von Gutenberg selbst her-
gestellten Druckwerke schloss sich die Geschichte der Verbreitung der neuen Erfindung
nach der Mainzer Katastrophe von 1462 und zuletzt die Vertheidigung von Gutenbergs
Verdienst gegenüber den Anmaßungen seiner Gesehaftsgenossen Fust und SchGEer und
der mehr weniger ernsthaft zu nehmenden Ansprüche der Städte Bamberg und Straßburg,
der Böhmen, Italiener und Holländer. Dass es dem Vortragenden gelungen war, für
sein vor einem großeren Publicum schwierig zu behandelndes Thema lebhaftes Interesse
zu erwecken. bewies der Beifall der zahlreichen Zuhorer am Schlusse des Vortrages,
welchen auch Se. k. Hoheit Erzherzog Rainer mit seiner Gegenwart beehrt hatte.
Literaturbericht.
Das Schloss Hernstein in Niederösterreich.
Die Bibliothek ist durch ein Prachtwerk bereichert worden, welches von Sr. knis.
Hoheit Erzherzog Leopold hervorgerufen wurde. Es schildert das Schloss Hernstein,
den Landsitz des Erzherzogs, und besteht aus einem Album von Hernstein, Illustra-
tionen dieses Schlosses, seines Gutsgebietes und des Landes in weiterem Umkreise, mit
Unterstützung des Herrn Erzherzogs Leopold herausgegeben von M. A. Becker. NVien,
1882. qu_ Fol. An das Album schließt ein Band, welcher die genealogischen Verhältnisse
von Hernstein behandelt, aus der Feder von Dr. Alex. Bittner. Für uns ist das Album
von hervorragender Bedeutung, denn es schildert uns in 64 Tafeln die Inneneinrichtung
und Umgebung des Schlosses. Die Restauration des alten Baues und die Inneneinrichtung
hat Erzherzog Leopold dem Architekten Oberbaurath Th. Hansen übergeben, der sich
zur Durchführung der Kunstlerschule Carl Rahl's bedient hat, Wer Hansen und die Kunst-
schule RahPs kennen lernen will, muss das Schloss Hernstein studircn; unter den Malern
treten neben C. Rnhl Eisenrnenger, Griepenkerl und Bitterlich hervor, und als Handwerker
der Bronzegießer Hollenbach, der Tischler Dübele, Ed. Haas, Lobmeyr u. A. m. Wie
bel dem Baue und bei der Inneneinrichtung ausschließlich österreichische Künstler bei-
gezogen wurden, so sind hei der Herstellung des Albums nur österreichische Künstler
beschäftigt gewesen: der Kupferstecher Michalek, der Chromolithograph Holzel, der
Aquarellist Franz Alt, der Photograph Leth, der Xylograph Geisbe, die Zeichner
Kirchner und Kuga u. A. m. Wenn irgend eine Publication geeignet ist, uns den
Erzherzog Leopold als Kunstfreund und Förderer der vaterlündischen Kunstnbung kennen
zu lehren, so ist es das Album, welches mit fürstlicher Pracht ausgestattet ist.
Geschlechter-Buch der Wiener Erbbürger, Rathsverwandten und Wappen-
genossen. Von Dr. Ernst Edler von Hartmann-Franz enshu ld.
I. Lief. Wien, Georg Paul Faesy, 1882. gr. 4. '
Der Custos der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhocheten Kaiserhauses.
Dr. Ernst Edler v. H l r t rn a n n - F ra n ze n s h u I d , ein anerkannter Fnchgelehrter auf dem
' ..
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