Die Rührigkeit, welche in jüngster Zeit auf allen Gebieten der Kunst-
industrie entwickelt wurde, hat - wie zu anderem Guten - so auch zu
der Erkenntniss geführt, dass für einen kräftigen Aufschwung unserer
Industrie eine allgemeine, blos formale künstlerische Bildung, ein Kunst-
dilettantismus nicht genüge, wie er lange Zeit und mit gänzlicher Ver-
kennung der nächstgelegenen Ziele an unseren gewerblichen Schulen mit
Vorliebe gepflegt wurde und zum Theil noch gepflegt wird, dass vielmehr
auch in dieser Richtung Fachbildung zu erstreben sei, dass mit ande-
ren Worten die Zeichenschule mit den Bedürfnissen der Werkstätte
zu rechnen habe, wie andererseits die Werkstätte zur Ausbildung des
jungen Kunsthandwerkers der Mitwirkung der Schule bedürfe.
Es entstanden als Ergebniss dieser Anschauung jene zahlreichen Fach-
schulen, welche, indem sie den Forderungen der Zeit Rechnung tragen, in
den dabei interessirten Kreisen immer mehr und mehr Anerkennung und
Förderung finden. Zu diesen Fachschulen zahlen auch u. A. die Frauen-
arbeitsschulen, ferner diejenigen Mädchen- und höheren Töchter-
schulen, an welchen die weibliche Handarbeit als Disciplin eingeführt ist.
Ihnen, sowie allen gewerblichen Schulen, welche mit dem Flach-
ornament zu thun haben, ist die vorliegende Arbeit gewidmet. Sie soll
denselben eine gewiss willkommene Handreichung dafür bieten, dem
Zeichenunterricht eine zeitgemässe praktische Richtung zu geben, den
Formen- und Farbensinn zu wecken und auszubilden und dadurch zur Ver-
drängung mancher bedauerlichen Geschmacksverirrung mitzuwirken.
Die „Schule des Musterzeichnens" reiht sich den zahlreichen früheren
Arbeiten des Meisters würdig an. Ihre Gesammtanlage lässt sofort er-
kennen, dass eine organische Verbindung des Zeichnens mit der
weiblichen Handarbeit, bezw. der Textilindustrie und verwand-
ten Berufszweigen in's Auge gefasst ist. Was sie besonders als ein
durchaus zweckmässiges, ungemein praktisches Lehrmittel kennzeichnet und
den genannten Schulen empfiehlt, das ist neben der Reichhaltigkeit an
mustergiltigen Formen für weibliche Handarbeit u.Textilindustrie, ihre stre ng
pädagogische Anlage, ihr methodischer, zielbewusster Aufbau.
Was die Wahl des Stoffes betrifft, so mag auf die am Schluss ange-
fügte In h a I t s ü b e r s ic h t verwiesen und dabei betont werden, dass
sämmtliche Vorlagen - von den einfachsten bis zu den complicirtesten -
nur Beispiele bieten, welche dem Verständniss der betredenden Zöglinge
nahe liegen, welche sofort in der Praxis Verwerthung finden
können. Die Gliederung des Werkes aber mag durch die Grundsätze
charakterisirt werden, welche für sie maassgebend waren. '
Die natürliche Grundlage für alles Musterzeichnen ist das geo-
metrische Zeichnen; mit ihm hat ein rationeller Zeichenunterricht an den
Schulen für weibliche Handarbeit, Textilindustrie u. dgl. zu beginnen. Das
geometrische Ornament bilde den Lehrstoff. Sodann folge das Freihand-