MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XV (1880 / 182)

Juchtenleder nach Wien verkaufen, wenn nicht deutsche Kaufleute die 
Waare an Ort und Stelle erwerben und in's Ausland spediren würden. 
Ebenso verhält es sich mit der Fabrication von Heiligenbildern. Da 
es im Westen keine Nachfrage und keinen Bedarf für diesen Artikel gibt, 
so kennt man ihn dort gar nicht und da der russische Heiligenbilder- 
Fabrikant auf dem niedersten Standpunkte commercieller Bildung steht, 
so fällt ihm auch_ nicht im Traume ein, dass er mit seiner Waare im 
Auslande Geschäfte machen könnte. 
Nichtsdestoweniger bestätigt sich auch hier die Erfahrungsregel, dass 
man nur das kauft, was man sieht - und was nicht feilgeboten wird 
findet keine Käufer. 
Mit dem Studium dieser russischen Haus- und National-Industrie 
beschäftigt, habe ich häufig Gelegenheit gehabt, mit russischen Kaufleuten 
dieser Branche zu verkehren, allein trotz aller meiner Bemühungen, die- 
selben zu bewegen, Absatzquellen im Auslande zu suchen, ist es mir auch 
nicht bei einem Einzigen gelungen, ein richtiges Verständniss für com- 
mercielle Verbindungen mit dem Auslande zu wecken. 
Daraus erklärt es sich auch, warum die russische Heiligenbilder- 
Fabrication bis jetzt auf keiner einzigen Weltausstellung vertreten war. 
Abhold jeder, selbst der geringsten Vorauslage zu solch' einem 
Zwecke, kann sich der russische vKuptschikß gar nicht hineindenken, wie 
er im Auslande ein Heiligenbild verkaufen könnte, ohne früher mit dem 
Käufer eine halbe Stunde über den Preis gefeilscht und das wauf Ehr 
und Gewissen" für 20 Rubel angebotene Bild des Erlösers schließlich für 
5 Rubel losgeschlagen zu haben. 
Die Kaufleute dieses Schlages gehören übrigens fast ausnahmslos zu 
jener Klasse von vKuptschiksu, die sich kein Gewissen daraus machen 
und denen es egal ist, an einigen Tonnen Scbweinepöckelfleisch oder an 
einem wunderthätigen Bilde der heiligen Muttergottes einige hundert 
Procente zu verdienen. 
Dieser Mangel an kaufmännischer Solidität und Moral lässt das Ein- 
führen vfester Preisen gar nicht aufkommen und den Verkaufspreis von 
Bildern in ausländischer Valuta ohne Feilschen festzustellen - ist bei 
diesen Kaufleuten gar nicht denkbar. 
Merkwürdigerweise handeln diese Leute gerade so wie der croatische 
Bauer - wo es kein Feilschen gibt, dakauft und verkauft er nicht. Bei 
wfestem Preisen glaubt er einem dummen oder gutmüthigen Käufer gegen- 
über stets der Betrogene zu sein. 
Ich habe die feste Ueberzeugung, dass der originelle, edle, russisch- 
byzantinische Heiligenbildertypus, namentlich in seiner modernisirten Ver- 
feinerung, im Westen viel Anklang finden würde und dass russische 
Heiligenbilder-Fabrikanten bei einiger iKenntniss der religiösen An- 
schauungen und Eigenthümlichkeiten des Auslandes vermöge ihrer Routine
	        
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