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Es erklärt sich dies sowohl aus den Eigenschaften der rohen Masse
selbst, als auch aus ihrem Verhalten in dem hoheu Feuer, dem sie dann
ausgesetzt wird.
S0 kann das Aufdrehen auf der Drehscheibe, eine Operation, womit
der Töpfer seinen Gefäßen aus freier Hand die gewünschte Gestalt und
Vollendung gibt, hier, beim Porzellan, wegen der weit geringeren Plasti-
cität der Masse, nur dazu dienen, den Stücken die ungefähren Umrisse
zu geben, wogegen die genaue Formung einer zweiten Operation, dem
Aus- oder Ueberformen mit Benutzung von Gypsformen vorbehalten
bleibt. Der Gyps ist hier ein kostbares und unersetzliches Material. Die
Formen, leicht herzustellen und billig, saugen vermöge ihrer Porosität
die Feuchtigkeit der Masse an sich und lassen die geformten Stücke rasch
und sicher abheben.
Ganz bedeutende Berücksichtigung verlangen beim Formen die Ver-
hältnisse der Schwindung, der die Stücke sowohl im Trocknen, als
weit mehr noch beim Brande unterliegen und welche bei der Porzellan-
masse 10-17 Procent beträgt. Um soviel sind demnach die Arbeitsformen
größer anzulegen, wobei noch ein erfahrungsgernäßer Unterschied der
Schwindung in verticaler und horizontaler Richtung zu berücksichtigen
ist. Da außerdem die Porzellanmasse im Brande bis zu einem gewissen
Grade durch und durch erweicht, so wird es nöthig, dass diejenigen
Stellen der Gefäße, die die meiste Tragkraft haben sollen, auch dicker
in der Masse hergestellt werden, größere Scherbenstärke besitzen, während
man die mehr getragenen Theile möglichst dünn hält.
Es gehört tüchtige Uebung dazu, beim Ausforruen eines größeren
Gefäßes Außen- und Innenseite so zu gestalten, dass diesem Verhältnisse
vollkommen Rechnung getragen ist. Zudem bringt die enorme Schwin-
dung der Porzellanmasse noch mancherlei andere Uebelstände mit sich.
Ist die Masse eines ausgeformten Gefäßes nicht überall von gleicher Dichte,
sei es durch verschiedenen Feuchtigkeitsgehalt oder durch ungleichen
Druck bei der Arbeit, so schwindet sie verschieden und gibt dies Ver-
anlassung zum Reißen der Stücke oder doch zum sogenannten Wund.
Solche dichten Stellen treten am gebrannten Geschirre als Wülste hervor,
die ein Verzerren der Formen, ein Verziehen oft bis zum Unbrauchbar-
werden der Stücke verursachen.
Als Behelfe beim Ausformen dienen die Schablonen (Kaliber),
eine Art Ziehklingen, worin der Umriss der äußeren oder inneren Wan-
dung des Gefäßes genau eingeschnitten ist und die somit den Zweck
haben, jene Umrisslinien in ihrer vollen Reinheit zu erzielen. Complicirte
Gefäße werden aus mehreren Stücken geformt, die dann mit halbHüssiger
Porzellanmasse aneinander geklebt (angeschlickert) werden. Ebenso werden
Henkel, Füße und sonstige Ansätze gesondert geformt und dann an das
Gefäß angefügt.