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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 208)

Gjolbaschy gefundenen plastischen Zier eines großartigen Grabdenkmals hatte sich in Wien 
eine iiGesellschaft für archäologische Erforschung Kleinasiensa gebildet. Es sind lauter 
edle Namen darunter, in dem Sinne bekannt, dass sie überall wieder zu finden, wo es 
sich um Forderung echt humaner, wissenschaftlicher oder künstlerischer Zwecke handelt. 
Anl der Spitze Se. kais. Hoheit Erzherzog Rainer und Se. Durchlaucht der regierende 
Fürst Liechtenstein; ferner Nicolaus Dumba, Dr. Heinr. Drasche von Wartin- 
berg, Carl Graf Lanckoronski, Adalbert Ritter v. Lanna (Prag), Mark. Freiherr 
von Morpurgo (Triest), Friedrich Freiherr v. Leitenbcrger, Karl Freising. Albert 
und Nnthanicl Freiherr v. Rothschild, Julius Freiherr v. Schwarz, Edmund Graf 
Zichy. Baron Andreann, Professor Benndorf, Regierungsrath Bruno Bücher, 
Hofrath R. von Eitelberger, Holrath Hochstetter, Professor Kundtmann, Baron 
Warsberg und Professor Zumbusch. An der diesjährigen Reise nahmen außer den 
obengenannten Genossen der vorjahrigen Fahrt folgende Herren Theil: Professor Petersen 
(Praßli Ingenieur v. Knaffl, Dr. Robert Schneider, Custosadjunct der Kunstsamm- 
lungen des a. h. Kaiserhauses, Dr. Emil Tietze, Beamter der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt, und die beiden jungen Archäologen lJr. Emanuel Loewy und Franz Studnitzka. 
Vom Kriegsministerium wurde der Raddampfer -Taurus-, außerdem ein Unterofficier und 
vier Soldaten der Gentetruppe zur Verfügung gestellt, so dass mit eilf in Triest gewor- 
benen Arbeitern, türkischen Zaptiehs und Dolmetschen, die archäologische Colonie auf 
Gjülbaschy dreißig Kopfe zahlte. 
Professor Benndorf konnte sein Vergnügen daran haben, mit welchem Interesse die 
Anwesenden weit über die gewohnte Zeit lauschten, als er in freier Rede die Geschichte 
der Expedition von ihrem Anfang im Monate April mit eingehendstem Detail entrollte, 
all die Mühsal in Folge großer Hitze, Wassermangels, mehrere Stunden weiter Entfernung 
einer großeren Ortschaft, die Schwierigkeit der Herstellung einer 17 Kilometer langen 
Straße mit Steigung über aooo Fuß zur Beförderung der sculpirten Blöcke von der Hohe 
über io Serpentinen hinab in das Thal und dann zum Meere, bis endlich die 167 Kisten 
mit ihrer kostbaren Last von ttoo Centner durch einen Lloyddampfer und hierauf ebenso 
unentgeltlich durch die Südbahn nach Wien gebracht waren. Hier wurden die Sculpturen 
gleich im neuen kunsthistorischen Museum deponirt, dessen Schmuck dieselben einst bilden 
werden, da sie von der rGesellschaftn als Widmung für Se Majestät den Kaiser bestimmt 
wurden. Nach der Geschichte der Expedition ging der Vortragende auf die Beschreibung 
und Erklarung der heimgebrachten Bildwerke über, welche ursprünglich die Vorderseite 
und die inneren Flächen der Umfassungsmauern eines Grabmals in einer Ausdehnung von 
108 Meter lll doppeltem Friesstreifen zierten. ln durchaus einfacher, jedes Effecthaschens 
baarer Weite schilderte er den lnhalt und den hohen kunstgeschichtlichen Werth der 
Reliefs, welche wohl ungleichmäßig in der Ausführung. denn doch der guten griechischen 
Kunstzeit angehören. ja unter unleugbarern EinHusse des Parthenonfrieses gearbeitet sind. 
Die Belagerung einer Stadt, eine außerordentlich gut componirte Meleagerjagd, die hoch- 
bedeutsame Darstellung des Freiermordes und ein prächtiges Viergespann waren zur lllu- 
strirung des Gesprochenen bereits in Gypsabformung im Saale aufgestellt. Nach alledem 
war es selbstverständlich, dass die Versammlung am Schlusse des Vortrages dem Pro- 
fessor Benndorf, als dem Leiter der so erfolgreichen Expedition, durch begeisterten Beifall 
ihren Dank zollte. 
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Der lnhalt des Vortrages , welchen Herr A u e r, Assistent an der Akademie der 
bildenden Künste, am 7. December vUeber die Entwicklung des Ra umes in der 
B a uku nsta hielt, lasst sich im Folgenden zusammenfassen: 
Die Herstellung geschlossener überdeckter Raume ist durch die technischen Kennt- 
nisse wie durch die vorhandenen Mittel beschrankt, aber zu allen Zeiten ging das Be- 
streben der Baukünstler darauf aus, einerseits im Raum nur möglichst wenige und mog- 
lichst schlanke Stützen aufzustellen, - anderseits die Decke möglichst elernentarsicher 
auszuführen. Diese beiden einander entgegenstehenden Tendenzen bilden die Momente, 
die der Entwicklung der Raumesentfaltung zu Grunde liegen, indem im Lauf der Jahr- 
hunderte eine Vermittlung zwischen denselben angestrebt wird. Der Raum bedingt auch 
die attßere Erscheinung des Baues, er ist die Seele des Gebäudes, gleichzeitig aber wie 
diese im Körper abhaugig von dem constructiven Organismus. 
Wie die Architektur nach zwei Richtungen sich bethätigt, einer praktischen, die 
an der Erde und ihren Bedürfnissen hangt, und einer idealen, rein künstlerischen, so 
offenbart sich diese Zweitheilung auch im Raume, dessen Grundiiache dem Zwecke ent- 
spricht, wahrend die Hohe weit über die menschlichen Erfordernisse hinausgeht. Sie ist 
es, welche auf die Seele des Menschen wirkt, die Stimmung des Raumes hervorruft. 
Der Vortragende wies nun an einer Reihe von Grundplanen der hervorragendsten 
Bauten, die alle im gleichen Maßstab von U," nat. Größe gezeichnet sind, nach, wie sich 
allmahlig das Gefühl für den großem, freiern Raum entwickelte; wie bei den Aegyp-
	        
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