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Als junger, aber bereits der Meisterschaft naher Künstler kamst Du nach
Wien zu einer Zeit, als unsere liauzustande in der erdenklich tiefsten Ernie-
driguing sich befanden. Die Baukunst jener Zeit war der getreueste Ausdruck
des den Staat wie das Volksleben beherrschenden BureaukratismusQDaS
Jahr t848 erlostc auch die Baukunst von dem Banne, der bis dahin auf ihr
gelastet hatte. ln dieser Zeit der allgemeinen Bewegung trafen tvir junge Aka-
demiker mit Euch jungen Architekten zusammen, und begierig lauschten wir
Euren Lehren und Anschauungen. Künstler, jung und alt, Meister und Schüler
verbanden sich, um als Sturmbock das morsche alte System niederzutverfen,
und wie damals Alles, so gelang auch das Unglaubliche.
Das Concurrenzwesen wurde als einzige Errettung von den bau-
bureaukratischen Verhältnissen bezeichnet und nachdrücklich verlangt, und in
der That brachte auch das Jahr t84S die erste Concurrenz, bei der Du, sowie
der Schweizer Müller, mit neuen glunzendeten Arbeiten hervortratest. lhr gsltet
uns in der That als Vorbilder und Lehrer. Diese Erinnerung an 1848 möge
eine schone Frühlingshlüthe in dem Kranze bilden, der heute Dein jugendliches
Greisenhaupt schmückt.
Seit jener Zeit stehen wir in ununtcrbrochenem persönlichen und freund-
schaftlichen Verkehr und ich kann wohl sagen, dass im Laufe von 3'], Decennien
die aufrichtige Hochachtung, die mir Dein, ausschließlich der Kunst und den
Idealen zugewendeter Sinn riufzwang, sich fortwährend gesteigert hat, nachdem
ich auch die Lnutcrkeit Deiner Gesinnung und Deine Sclbstlosigkeit näher kennen
gelernt hatte. Noch als Schüler der Akademie 185i trat ich bei einer Kirchen-
concurrenz zum ersten Male in künstlerischen Wettstreit mit Dir. Viele Jaltre
später erst, nachdem ich meine Lehrjahre beendigt hielt, standen wir uns viel-
fach in Concurrenzen gegenüber, welche zur Klärung der damals unglücklich
schwankenden Ansichten recht schr beigetragen hatten. Die geringe ßauthätigkeit
in Wien und die Unklarheit der Ziele, die auch an Orten einer reicheren Bou-
titatigkeit vorwogen, waren einem architektonischen Aufschwung vorerst noch
nicht günstig. Bis an das Ende der Fünfziger Jahre war allenthalben die moderne
romantische Richtung, der die Zukunft gehören sollte, vorwiegend; und selbst
ein Hausen, der durch Studium und Vorleben am meisten von griechischem
Einfluss durchdrungen vrar, konnte dieser Zeitstrotnung nicht erfolgreichen
Widerstand leisten.
Es waren zwar jene reizenden orientalischen und mittelalterlichen, aber
durchaus nicht antiken Formen, welche Deine zahlreichen Werke jener Zeit,
voran Deinem berühmten Walfenmuscum, ihren Charakter autpragen. Aus der
so fein empfundenen originellen Art der Detailbildung hatte übrigens der weit-
sehende Kunstgclehrte Dir damals schon auf Jahr und Tag ausrechnen können,
bis wann Du vollständig in das antike Lager übergehen musstest.
Während alle Bauten jener Zeit durch die feine Charakteristik. sowie
durch die allgemeine Schönheit dauernde Bedeutung bewahren werden, fallt
Dein bahnbrcchender Einfluss doch erst in die Sechziger Jahre.
Das wnr die Zeit der außerordentlichen baulichen Entwick-
lung Wiens, wo mit Einem Male Alles, was zum Bauen gehört, in richtigem
Maße vorhanden war: Platz und auch Geld. NVie stand es aber mit den
Baukünstlern? Man brauchte nur das Vorherentstandene und auch manche
früheren Stadterweiterungs-Bauten zu betrachten, um zu begreifen, wie die
Bauthatigkeit nun in dem Momente größter Rathlosigkeit ausgeartet ware, wenn
nicht durch einige wenige Künstler jene Richtung vorgezeichnet werden tvare,
die heute ganz allgemein mit dem Namen w-Wiener Stylt- bezeichnet wird
und welcher unserer Profan-, speciell Wohnhaus-Architektur eine ganz neue
Grundlage gegeben hat, .
Und hier muss nun gleich ausgesprochen werden, dass allen Anderen
voran Dein Beispiel maßgebend blieb. ln einer Reihe gerade zu rechter Zeit
geschaßcner Werke, unter denen nur die protestantische Schule, die Faqade
des Palais Sinn, der Heinrichshof und das Palais Erzherzog Wilhelm genannt
werden möchten, hast Du in so überzeugender Weise die alleinige Berechtigung
der classischen Architektur auf dem Gebiete unseres Profanbaues nachgewiesen,
dass diese Richtung fortan die maßgebende blieb.