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Reliquien und Erinnerungszeichen vereinigt sind, welche sich auf die
Belagerung Wiens durch die Türken beziehen.
Auch dieser Theil des Festes ist vollständig gelungen. Die histo-
rische Ausstellung der Stadt iWien ist ebenso reich als geschmackvoll
aufgestellt. Der Katalog ist musterhaft und von bleibendem wissenschaft-
lichen Werthe. Um diese Ausstellung haben sich in erster Linie der
unermüdliche Archivdirector Carl Weiß, der gelehrte Orientalist Pro-
fessor Karabacelt, Prof. Sigm. L'Allemand und Bildhauer Coste-
noble verdient gemacht. Wir werden wohl noch Anlass haben, uns mit
dieser Ausstellung zu beschäftigen.
Der Act der Schlusssteinlegung gewann durch die Antwort des
Kaisers auf die Ansprache des Bürgermeisters und durch die Theil-
nahme des kaiserlichen Hofes eine Bedeutung, welche weit über die
Marken Wiens hinausgeht; sie lautet:
-Als vor zehn Jahren die Grnndsteinlegung dieses Baues vollzogen wurde, habe
lch vertrauensvoll die Hotfnung ausgesprochen, dass die göttliche Vorsehung dem
Baue einen gedeihlichen Fortschritt und der gesammten Bevölkerung Meiner Re-
sidenzstadt Wien ihren Schutz und Segen gewähren möge.
Heute sehen wir dankerfüllten Herzens den Bau vollendet, ein prächtiges Denkmal
hoher Vaterländische: Kunst, ein bleibendes beredtes Zeugniss der Opferwilligkeit
und des Gemeinsinnes der Wiener Bürgerschaft, das bis in die spätesten Zeiten ihr
zur Ehre und dem Vaterlande zum Ruhme gereichen wird.
Die Erinnerung an die Tage schwerer Bedrangniss, welche vor zwei Jahrhun-
derten über die Stadt gekommen war, und an den glänzenden Sieg, der diese Trübsal
beendete, erhöht die Feier des heutigen Tages.
Möge der Friede, den damals die Beharrlichkeit und der Heldenmuth der Wiener
Bürger im Vereine mit thatlträftigen und treuen Bundesgenossen mit Gottes Hilfe
errungen hat, auch fortan über dieser Stätte walten, und im Gebiete dieser Stadt
nur der friedliche Wettkampf aller wahren Bürgertugenden, der Künste, Wissen-
schaften und Gewerbe ihren Schauplatz finden.
Mit innigem Wohlgefallen nehme lch lhre erneuerte Versicherung der ange-
stammten Treue zu Meinem Hause und dem gestimmten Vaterlande entgegen, dann
so tiefgewurzelt und unerschütterlich wie diese, ist auch Mein Vertrauen auf dieselbe
und Meine Liebe zu Meiner und Meiner Vater Residenzstadt.
Phegen Sie fortan in dem neuen nun vollendeten Gebäude mit weiser Sorgfalt
und echtem Bürgersinn die lhneu anvertrauten Interessen dieser Stadt und aller
Bewohner; pflegen Sie dieselben in dem regen Bewusstsein, dass die freie und glück-
liche Entwicklung jedes Gemeinwesens dem Wohle und der Macht des ganzen Vater-
landes zugute kommt und ebenso alle Segnungen des Gesammtstaates den lautesten
Wiederhall in der großen städtischen Verwaltung Qfinden, für welche hier eine so
glänzende Stätte errichtet ist und in deren Gebiete jeder Bürger Oesterreichs eine
heimatliche Aufnahme zu finden gewohnt ist.
Seien Sie überzeugt, dass dem Emporblühen und Gedeihen der Stadt Wien Meine
wärmste väterliche Fürsorge gewidmet bleibt und Ich mit freudig bewegtem Herzen
die Schlusssteinlegung an diesem Gebäude vollziehe als ein Zeichen der Gewahr und
Bürgschaft der sicheren und dauerndenWohlfahrt Meiner treuen und geliebtenWiener
Bürgerschaft.-
Mit den drei Festtagen ist die Feier der Schlusssteinlegung des
Rathhauses zu allgemeiner Befriedigung aller Theilnehmer beendigt.
Nun aber beginnt die ernste Arbeit der inneren Vollendung. Die
steinernen Wände und Stiegenhäuser, welche Schmidt kunstvoll gebaut
hat, verlangen künstlerischen, vor Allem malerischen Schmuck. Es dürfte
an zwei Jahre dauern, bis das neue Rathhaus in allen seinen Räumen
benützt werden kann, und vielleicht noch weitere zwei Jahre, bis der
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