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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVIII (1883 / 218)

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größer das Absatzgebiet der Producte der graphischen Künste ist, desto 
mehr gedeihen sie; 4. die photomechanische Reproductionstechnik, wie 
alle neuen lllustrations-Techniken steigern sich jetzt durch das Aufblühen 
des Zeitungswesens und jener wissenschaftlichen Literatur, welche der 
Illustration bedarf; 5. die staatliche PHege der graphischen Kunst ern- 
pfiehlt sich ebenso sehr vom volkswirthschaftlichen Standpunkte, als 
vom didaktischen. Director Eitelberger gedenkt diese zwei Vorlesungen zu 
bearbeiten und zu publiciren. Außerdem hat derselbe am Beginne seiner 
kunsthistorischen Universitätsvorlesungen die Zuhörer auf die Bedeutung 
der Wiener internationalen Ausstellung der graphischen Künste aufmerk- 
sam gernacht, die in das Leben gerufen zu haben, ein besonderes Ver- 
dienst der Gesellschaft der vervielfältigenden Kunst ist. 
Ueber -die Kunstindustrie Siams- hielt am 9.und I5. October Herr Anton 
Payer, konigl. siamesischer Hofbeamter, in Anwesenheit des Herrn Erzherzogs Rainer 
und eines zahlreichen Publicums sehr interessante Vorträge, denen wir Folgendes ent- 
nehmen: Die gesammte Metallindustrie Siams ist Hausindustrie, wird theils von Schuld- 
Sclaven - Sclaven im gewöhnlichen Sinne gibt es in Siam nicht - theils von Berufs- 
arbeitern betrieben, und entwickelt sich in den Hausern besonders kunstsinniger Männer 
oft zu einer sehr hohen Stufe. Gold wird ganz besonders zu Schmuck und Gefäßen ver- 
arbeitet, welche gewöhnlich reich ciselirt, emaillirt und mit Diamanten besetzt sind, doch 
dürfen diese Dinge, unter denen der in Folge des Betelkauens unentbehrliche Spucknapf 
eine große Rolle spielt, nur von bestimmten Rangsclassen der hohen Gesellschaft benützt 
werden. Aehnlich ist es mit den Thomgerathen, silbernen, mit schwarzem Eisenemail 
eingelegten und dann vergoldeten Gefäßen, welche die ursprünglichen Ehrenzeichen Siams 
sind. Die Silberarbeiten, bei denen durchbrochene Muster sehr häuäg, sind der Sitte 
nach für reiche Leute aus dem Volke bestimmt. Die Kupferindustrie beschäftigt sich 
hauptsächlich mit - dem Falschen der Goldgefaße, und nimmt es daher Niemand übel, 
wenn man beim Kaufe von Goldgefaßen dieselben anschneidet. Kupfergefaße werden 
übrigens auch speciell für die Mönche, denen das Berühren von Geld und Silber unter- 
sagt ist, angefertigt. Eisen wird naturgemäß vorwiegend zur Herstellung von Waffen be- 
nützt und ist der Aberglaube verbreitet, dass Waffen aus Meteoreisen, die in bestimmten 
Gewässern gehärtet wurden, hieb- und stichfest machen. Bronze wird zu allen erdenk- 
lichen Hausgerathen, zu Tatowirfedern, die aber nicht für die Siamesen selbst, sondern 
für gewisse Grenzvolker bestimmt sind, zu Gongs, Glocken, Geschützen", zu Fußboden- 
platten und, mit Kupfer oder Silber vermischt, zu sehr dünnen Fußbodenmatten ver- 
arbeitet. Die hauptsachlichste Anwendung findet die siamesische Bronze, der aber viel- 
fach ganz ungehörige Zusätze beigemengt sind, zur Herstellung von Buddha-Statuen. 
Zum Schlüsse seiner sehr interessanten Ausführungen bemerkte der Vortragende. dass 
in Siam die Goldmacherkunst noch in vollem Flore steht und dass die hier nicht er- 
wahnten unedlen Metalle nur secundare Verwendung finden. 
Der zweite Vortrag Payer's am t5.0ctober galt den übrigen Kunstindustrien oder, 
was unter den dortigen Verhältnissen ziemlich gleichbedeutend ist, den Hausindustrien 
Siams. Zuerst setzte der Vortragende die eigenartige Clientel auseinander, welche zwi- 
schen den Herren als Arbeitsgebern und den freien Arbeitern als Recht- und Schutz- 
suchenden besteht. Für die Zusage der Clientel oder zur Schuldentilgung verpflichten sich 
die Betreffenden, einem Herrn durch mehrere Tage im Monate zu dienen nach den ver- 
schiedenen Branchen, welche sie verstehen. Der Herr liefert das Rohmaterial. Diesmal legte 
Herr Payer das Hauptgewicht autdie Textilindustrie, besprach die Ganz- und Halbseidenstoife. 
die buntschillernden und golddurchwirkten Stoffe und deren Ornamentik, welche nach dem 
Range der Träger verschieden ist, die wunderbaren Flechtarbeiten aus Bambus und Elfen- 
bein, die Gürtel, Polater und Schärpen mit Stickereimustern, Welche geradezu Rathsel 
der Technik zu nennen waren. Auch die wenigen, nur in der Decoration verschiedenen 
Mobel wurden besprochen und besonders jene an Thüren und Fenstern hautig vorkommende 
Umrahmung, welche zumeist für lntarsia von Perlmutter in Holz gehalten wird, aber im 
Wesentlichen darin besteht, dass die Perlmutterstückchen auf das Holz aufgeleimt und 
die Zwischenräume mit Lack ausgefüllt werden. Die unendlich feine Ausführung _von 
Blumen in Sandelholz, welche zum Verbrennen bei der Bestattung Vornehmer verwendet 
 
Fbrrsetqung auf der Beilage.
	        
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