wirken, und auf Betrieb von Nicolaus Dumba und Graf Edmund Zichy, denen
auch die Einleitung und das glückliche Gelingen der vorjährigen Expedition zum größten
Theile verdankt wird, sind alle erforderlichen Vorbereitungen getroffen und durch Privat-
beitrage die nicht unbedeutenden Geldmittel aufgebracht worden. Die Munincenz Seiner
Durchlaucht des regierenden Fürsten Johann von Liechtenstein, welcher kunst-
wissenschaftliche Bestrebungen in Oesterreich seit Jahren mit persönlichem Antheil ver-
folgt und unterstützt, sicherte auch das neue Unternehmen in entscheidender Weise];
außerdem trugen wie früher Graf Carl Lanckdronski, Baron Albert Rothschild,
Graf Edmund Zichy, Nicolaus Dumba und Adalbert Ritter von I.annain Prag
bei. Vor zwei Monaten begab sich der Ingenieur Gabriel Knafft Ritter von Johns-
dorf, welcher die schwierigen technischen Arbeiten der vorjährigen Expedition geleitet
hatte, im Auftrage der Genannten an Ort und Stelle, begleitet von einem kleinen Stabe
Triestiner Arbeiter und dem vom Reichs-Kriegsministerium ihm zugetheilten Feuerwerker
Johann Schuster von Graz. Die Aufgabe, die er dort vorfand, ist mühevoll und
dürfte ihn mehrere Monate beschäftigen. Es gilt den gefährlichen Transport ungewöhnlich
grosser Steine, welche in straßenloser Gebirgseinöde von dem Gipfel eines 2{oo Fuß
hohen jahabstürzenden Berges sieben Stunden weit an das Meer zu bringen sind. Das
Portal besteht aus drei kolossalen Stücken , welche ein Gesarnmtgewicht von
2.60 Centnern besitzen: der Sarkophagltasten, der eine griechische Inschrift tragt und der
beiderseits reich mit Reliefs verzierte spitzbogige Sarkophagdeckel haben annähernd die
gleiche Schwere; ein gleichfalls reich mit Bildwerken ausgestatteter zweiter Sarkophag
von ahnlich enormer Größe kommt hinzu, den die Gesellschaft sich verpflichtet hat, für
die Antikensammlung des Sultans nach Constantinopel zu bringen. Beeinträchtigt wurden
die Arbeiten anfänglich durch den Mangel an Arbeitern im Lande und durch Wasser-
noth, da die Cisternen bis auf einen trüben Bodensatz versiegt waren; im October hatte
die obdachlose Colonie mehrere Tage hindurch von anhaltenden Regengüssen zu leiden,
und wurde ein Theil der zugelaufenen Arbeiter von dem Kaimakam. der sammt sieben
berittenen Gendarmen in Person erschien. mit blanker Klinge als IRauberu zu Paaren
getrieben und in Ketten abgeführt. Dank der Energie des Ingenieurs gebt aber die Unter-
nehmung befriedigend von Statten; mit dem Eintreffen des Transportschiifes ePolal,
Commandant Salvini, welches ihr auf Initiative des Oberst-Kammerers Grafen Crenne-
ville dienstlich zugewiesen wurde, wird sie rasch ihr Ende erreichen. Sofern nicht Un-
glücksfalle eintreten, wie sie bei einer derartigen nicht allein auf persönlichem Muth und
Ausdauer gestellten, sondern von Zufallen abhängigen Aufgabe im Orient immer zu ge-
wärtigen bleiben, rlarf man also hoffen, in Kurzem alle Theile des gehobenen Kunst-
schatzes in Wien vereinigt zu sehen. Umso dringlicher wird dann die Frage, welche
bereits die Beamten des Antikencabinets beschäftigt und auch in hiesigen Künstler- und
Gelehrtenkreisen ventilirt wird, ob und in welcher Weise es möglich sein wird, dem
ganzen Monumente eine würdige einheitliche Aufstellung zu verschaHen.
(Vom Wiener Hauen-Erwerbverein.) Der Jahresbericht des Wiener Frauen-
l-Irwerbvereins wurde diesmal von Frau Mathilde Lippitt, der I. Vicepräsidentim
des Vereins, verfasst, da die Secretarin des Vereines, Frau Aglaia von Enderes, am
I4. Juli aus der Reihe der Lebenden geschieden ist. Der geistvollen Dame gab dies
Anlass, die Wirksamkeit der Frau v. Enderes zu schildern, die seit dem Jahre 1867
dem Vereine als Ausschussmitglied angehürte und später das Secretariat des Vereines ge-
führt hat. Seit dem Jahre 1869 entstammten alle Jahresberichte ihrer Feder, sie richtete
das Archiv ein, ordnete die Bibliothek. Besonders die lernbcgierige Jugend hatte sie in
ihr Herz geschlossen und vertrat ihre Interessen und Leistungen auch bei öffentlichen
Ausstellungen. Alle von ihr verfassten Schriftstücke zeichnen sich durch einnehmende
Form und klaren Ausdruck aus. Sie gab ein leuchtendes Beispiel, wie gründliches Wissen
und ausgedehntes Wirken die Piiichten der Gattin und Mutter nicht beeinträchtigen.
Der Verein hat im abgelaufenen Jahre auch den Tod der Assistentin der Zeichenschule,
Fräulein Hermine Ditter, und des Ehrenmitgliedes Freiherrn v. Ferstel zu beklagen.
Frau Lippitt theilt mit, dass die 15 Schulen des Vereines im fortschrei-
tenden Gedeihen begriffen sind. Sehr zeitgemäß sind die Winke über das wünschens-
werthe Alter für den Eintritt in die verschiedenen Schulen gegeben. aNach unseren Er-
fahrungen möchte ich betonen, dass für die Aufnahme in die sechsclassige höhere Bil-
dungsschule, für welche die Vorkenntnisse guten elementaren Unterrichtes genügen,
Mädchen von io-it Jahren die besten Resultate erzielen. Sie fügen sich dann am leich-
testen unter die strengere Methode planmäßig entwickelten Fortschreitens. in all" jenen
Cursen aberfzwelche unmittelbar zum selbstständigen Erwerbe vorbereiten, wie Handels-
schule, Stenographie, Schneiderei, Maschinstrickerei und Feinwascherei, erscheint das
reifere Alter von 15, x6-t7 Jahren des gerathene. sowohl zur Erreichung des Lehrzieles
und der technischen Fertigkeiten, als auch zur Empfehlung für Anstellung und Bedienstung,
wozu gereifte Kraft, Charakter und jener andauernde Fleiß, wie ihn die volle Tages-
beschaftigung erheischt, erwartet werden.