I0!
führt, würde nicht nur in Wien zum ersten Male den Kunstjüngern einen Begrilf der
verschiedenartigen Stylrichtung bieten, sondern es wäre in Verbindung mit einer Werk-
statte für Abgüsse auch die Pepiniere für Betheilung unserer Provinzialrnuseen, die
ebenso wie Wien und in noch erhöhtem Maße von Allem entblößt sind, was zum Studium
der Kunst gehört. Es sind in diesem Falle nicht die Gypsabgussc, sondern die Original-
gypsformen zu beziehen und in diesen Stucltformen, die vom Originale abgenommen
sind, sind dann sowohl für Wien als für die Provinzstadte die Gypsabgusse zu fertigen.
Es hat also der Bau eines solchen Museums nicht nur für XVien, sondern auch für alle
Landeshauptstädte einen großen Werth, und es scheint mir, dass dies auch eine jener
geimeinsamen Angelegenheiten ist, gegen die sowohl die rechte als auch die linke Seite
des hohen Hauses nicht viel einzuwenden haben durfte.
Ich habe diese ldee heute nur angeregt, nachdem man mich ersuchte, in dieser
Richtung hier zu sprechen, und nachdem ich mich verpflichtet fühle, derartige Wünsche
im hohen Hause zum Ausdrucke zu bringen.-
Die moderne Graphik auf der Wiener internationalen
graphischen Ausstellung 1883.
Von R. v. Eitelberger.
(Schluss)
Frankreich ist auf dem Gebiete des Kupferstiches noch immer das
dominirende Land; die hervorragendsten Kupferstecher sind Franzosen seit
den Zeiten G. Edelinck's bis auf die Gegenwart. Die bedeutendsten
deutschen Kupferstecher haben die französische Schule durchgemacht,
auch die geistvollsten Kupferstecher auf der Ausstellung sind Franzosen.
Unter diesen glänzt vor Allen Gaillard und als schulbildender Künstler
l-lenriquel-Dupont. Nicht wenig hat dazu das große Staatsinstitut
der Chalkographie und die lmprimerie nationale beigetragen. Auch der
Akademie und der Ecole des Beaux-Arts mit ihrer strengen Schulung und
dem unablässigen Studium der Antike und des Aktes gebührt ein großer
Theil dieses Erfolges. Die natürliche Folge der französischen Kunstver-
waltung seit Colberfs Zeiten ist es, dass jeder französische Künstler weiß,
dass die Grundlage jeder Kunst die Zeichnung sei.
Die deutschen Romantiker haben in den ersten Jahrzehnten unseres
Jahrhunderts versucht, der französischen Kupferstecherschule eine deutsch-
nationale gegenüber zu stellen. Dieser Versuch hat manche guten Folgen
gehabl, die Aufmerksamkeit auf Schongauer, Dürer und Mantegna gelenkt
und die deutschen Kupferstechcr vor manchen Ausartungen des fran-
zösischen Geschmackes bewahrt; manche bedeutende Leistungen hervor-
gerufen, darunter wir Keller's Disputa, Steinle's Stiche nach Raphael
rechnen müssen, - aber die Suprematie der Franzosen auf diesem Ge-
biete bleibt unangefochten. Wenn man die dem Kupferstiche zugewie-
senen Medaillen nicht nach Nationen oder Staaten, sondern nach dem
inneren Werthe hätte vertheilen können, so hätte gewiss mehr als die
Hälfte der Medaillen den Franzosen zufallen müssen.
Unter den Radirern der Gegenwart stehen William Unger in
Wien, Waltner in Paris, Herbert l-lerkomer in London an der Spitze.