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der graphischen Künste, der langjährige Friede und die allgemeine Wohl-
fahrt in einem Lande, das größer ist als das ganze contineutale Europa,
erklären diese Erscheinung. England, Belgien, Holland haben sich
in altbewährter Höhe erhalten; Russland hat so unvollständig aus-
gestellt, dass es ungerechtfertigt wäre, aus den ausgestellten Blättern einen
Schluss auf die ganze Leistungsfähigkeit Russlands auf dem Gebiete der
graphischen Künste zu ziehen; zudem leiden dort die graphischen Künste
unter dem Mangel an Pressfreiheit. Den großen russischen Staatsinsti-
tuten, welche sich mit Graphik befassen, ist eine große Aufgabe zu-
gewiesen, in einem Lande, wo halbcivilisirte Völker den größten Theil
des Reiches bewohnen, in einem Lande, welches gegenwärtig in einer
mächtigen socialen und nationalen Bewegung begriffen ist. Trotzdem
haben einige russische Künstler im Radirfach und im Kupferstiche die
Aufmerksamkeit von Fachmännern auf sich gezogen.
Wie die Malerei so ist auch die graphische Kunst im Königreiche
Italien in einem Uebergangsstadium. Das Beste was Italien ausgestellt
hat, stammt aus jener Zeit, als das einige Italien noch nicht existirte.
Von jüngeren Radirern sind Cel. Turletti, A. Picinni undLLuigi Con-
coni zu nennen. Die römische Chalkographie, zur Zeit ihrer Blüthe
ein päpstliches Institut, ist in einer vollständigen Reorganisation begriffen.
Die großen Stecher Volpato und Toschi gehören einer früheren Periode
an, denn Volpato ist 1733 in Bassano geboren und 1808 in Rom ge-
storben, Toschi ist 1788 in Parma geboren und 1854. daselbst gestorben.
Beide Kupferstecher hatten eine schulbildende Kraft. Toschi war in der
Schule des Franzosen Bervic gebildet worden. Das Unternehmen der Verlags-
buchhandlung Ongania in Venedig, die Marcuskirche nach der Aufnahme
von Kreutz im Kupferstiche herauszugeben, ist wissenschaftlich und
künstlerisch wenig geglückt. Kreutz war ein Wiener von Geburt, in der
Wiener Akademie gebildet, und hat die besten Jahre seines Lebens der
Herausgabe der Marcuskirche gewidmet; ihm fehlte der Uxnternehmungs-
geist um durchzugreifen. Ongania gehört zu den tücbtigsten Verlegern
des heutigen Italien. ,
Derjenige Staat, der in dem letzten Jahrzehnte unleugbar die größten
Fortschritte auf graphischem Gebiete gemacht hat, ist Oesterreich.
lhm kommt es zu statten, dass der gegenwärtig regierende Kaiser Franz
Joseph gleich seinen großen Ahnen von Max I. bis Kaiser Franz II. mit
besonderer Vorliebe den graphischen Künsten und der Buchdruckerei Pflege
hat angedeihen lassen. Die Ausstellung des kaiserlichen Hauses, welche
durch den kunstsinnigen Oberstkämmerer Grafen Franz Crenneville ver-
anlasst wurde, gab ein glänzendes Zeugniss der Bestrebungen des Hofes,
und der Förderung, welche die graphischen Künste speciell durch denGrafen
Fr. Crenneville erfahren haben. Auch das k. k.Unterrichtsministerium
hat die graphische Ausstellung dadurch wesentlich gefördert, dass es die
Kosten der Preismedaillen aus Staatsmitteln übernommen hat. In dieser