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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 226)

Dank oder öffentliche Anerkennung. Dann floss die Rede von 
seinen Lippen, stets lehrreich und so klar wie sein Denken, und 
oft lebhafter, als man es von ihm wähnte. 
Für seine Bücher und Ornamentstiche begeistert, ganz auf- 
gehend in der Sorge für dieselben, ein Bibliophile edelster Art, 
wie solche namentlich bei uns und in Deutschland immer seltener 
werden, war er im Leben die Ehrenhaftigkeit, Gerechtigkeit und 
Männertreue selbst. Wurde aber eine dieser Seiten unangenehm 
berührt, wie es das Alltagsleben etwa mit sich bringt, da war 
der feinfühlige, sonst jeder Heftigkeit abholde Mann auch eines 
heiligen Zornes fähig und hielt mit dessen energischem Ausdrucke 
durchaus nicht zurück. Gerade dieser Charakterzug hat ihm viel- 
leicht wenige, aber um so innigere Freunde erworben. 
Nur ein Talent war dem Dahingeschiedenen versagt, das 
schriftstellerisch productive. Er war nur schwer zum Schreiben zu 
bewegen und mochte wohl froh sein, als er das Ehrenamt eines 
Redacteurs des Repertoriums für Kunstwissenschaft, welche Zeit- 
schrift durch den kunstwissenschaftlichen Congress in Wien im Jahre 
t873 begründet worden war, in andere Hände niederlegen konnte. 
Er war zu sehr gewohnt, stets mit Anspannung all" seines Könnens 
alle Arbeit bis zur erreichbaren Vollendung und Trelflichkeit 
selbst zu thun. Für ihn allein war natürlich die Arbeitslast einer 
solchen Zeitschrift, welche die Uebersicht über alle literarischen 
Erscheinungen und Vorkommnisse auf dem Gebiete der Kunst- 
wissenschaft vermitteln soll, zu groß, andererseits besaß er nicht 
die für einen Redacteur unumgängliche Eigenschaft, Hilfsarbeiter 
in genügender Anzahl heranzuziehen. 
Im Sommer t876 schied Schestag vom Oesterr. Museum, 
um die Stelle eines Custos an der Kupferstichsammlung des Aller- 
höchsten Kaiserhauses zu übernehmen. Es war dies ein schwerer 
Verlust für das Museum, aber die Bibliotheksverwaltung war von 
ihm in ein gutes Geleise gewiesen worden und die Einhaltung 
desselben sicherte dem Institute, wie die Folgezeit bewies, das 
erfreulichste Gedeihen. Wohl mochte er zur Annahme des neuen 
Postens durch die Aussicht gelockt werden, eine der bedeutendsten 
Kupferstichsammlungen der Welt, welche bisher in der Hofbibliothek 
unter der Ungunst von Raumverhältnissen leidet, nach der geplanten 
Uebersiedlung in das neue kunsthistorische Hofmuseum reorga- 
nisiren, dem Studium und Genusse zugänglicher machen und so 
erst zur rechten Geltung bringen zu können. Dieses Ideal sollte 
ihm leider nicht mehr verwirklicht werden. Ein qualvolles Herz-
	        
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