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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 230)

dankenswerther Weise verbreitet. Nach dem Erlass des Herrn Ministers soll in Rücksicht 
auf die beschrankte Unterrichtszeit eine Einschränkung der Unterrichtsgegenstände und 
ein inrensiverer Unterricht eintreten; auch der Wunsch. auf eine mehr praktische Aus- 
bildung hinzuwirken, hat in dem Erlass Ausdruck gefunden, denn, wie der Herr Minister 
treffend sagte, die bisherige Entwickelung der Fortbildungsschulen hat zu sehr eine all- 
gemeine Fortbildung auf dem Boden der Volksschule angestrebt und ihre große Auf- 
gabe, den jungen Menschen zum gewerblichen Leben zu erziehen, zu wenig beachtet. 
Die auf Veranlassung und Kosten unserer Corporation eingelegten Vorlesungen 
für junge Kaufleute inr der städtischen Fortbildungsanstalt im Local der Friedrich- 
Werdefschen Gewerbeschule (Niederwallstraße u) über Handelsgeographie und Handels- 
und Wechselrecht sind auch 1883 fortgesetzt und werden im Sommersemester 1884, noch 
durch Vorlesungen über Grundzüge der I-Iandelsgeschichte erweitert wcrdenu 
Auch die Bemerkungen über die Ausstellung in Amsterdam und 
die Wiener elektrische Ausstellung geben wir vollständig: 
nUnser Gewerbeßeiß lasst nicht leicht eine Veranlassung vorübergehen, wo er im 
Ausland seine Kräfte zeigen und im Wettbewerb mit dem Kunsttleiß anderer Völker 
seine Ebenbnrtigkeit, wo nicht Ueberlegenheit darthun kann. So ist denn auch die inter- 
nationale Ausstellung in Amsterdam von den deutschen Gewerbtreibenden mit einem 
höchst anerkennenswerthen Eifer beschickt worden, und zwar sind die Erfolge, die in 
der Concurrenz mit den von ihren Regierungen für die Ausstellung stark subventionirten 
Gewerben Frankreichs und Belgiens in Amsterdam erreicht worden sind, ausschließlich 
das Werk der deutschen Industriellen. Mehrere wichtige gewerbliche Branchen hatten 
klar erkannt, dass diese Colonial-Ausstellung, wie sie ja Holland neben wenigen Gewerbe- 
zweigen des eigenen Landes hauptsächlich darbieten musste, wenn es auf das französisch- 
belgische Ausstellungsproiect überhaupt einging, eine seltene Gelegenheit darbot, Deutsch- 
lands industrielle Große dem fernen Ausland vor Augen zu bringen. Die deutsche Eisen- 
und Stahlindustrie, besonders aus Rheinland und Westphalen, ist in allen ihren großartigen 
Leistungen für Land- und Wassertransport, für Werkzeuge und Gerathe, für Landes- 
cultur u. s. w. in wahrhaft imposanter Weise aufgetreten, neben ihr der Pianofortebau, 
die chemische Industrie, die Tabak-, die Conserven-, die Kautschukwaarem, die Bronze-, 
die Lampen-, die Lebensmittel- und Getränke-, zum Theil auch die Textilindustrie u. s. w. 
Die Aussagen der französischen Gewerbtreibenden vor der sog. 44ef-Commission lassen 
erkennen, dass man in Frankreich die Bedeutung der deutschen Rivalität auf der Aus- 
stellung in Amsterdam zu würdigen gelernt hat. 
Von anderen auswärtigen Ausstellungen des Jahres t883 von allgemeinerer Bedeu- 
tung hat nur die Wiener elektrische Ausstellung im vorigen Herbst auch in Deutschland 
Aufmerksamkeit erregt. Es ist ja von hohem Interesse, das Bemühen der Elektrotech- 
niker zu verfolgen, wie sie der elektrischen Kraft wo möglich den Vorrang auf vielen 
Gebieten des otfentlichen Lebens, auf dem der Industrie, des Bahnbetriebes, der Beleuch- 
tung zu erringen suchen Die Forschung und Versuchstechnik hatte in den letzten Jahren 
überraschende Resultate aufzuweisen: die Einführung der Dynamo-Elektricität, d. h. die 
Umsetzung der Dampfkraft in elektrische und dieser letzteren in bewegende; die ErGndung 
der Theilbarkeit des elektrischen Lichtes, wodurch allein erst möglich wurde, dies I.icht 
zur Straßenbeleuchtung und zu gewerblichen Zwecken zu verwenden; die Entdeckung des 
Glühlichts, welche die beliebige Vertheilung kleiner Lichtmengen aus einer Quelle in ver- 
schiedenen Räumen erlaubte. Mit Spannung verfolgt man jetzt die Versuche, um der 
Elektricltat die Verwendbarkeit auch für den Hausbedarf zu verschaffen und das Material 
billiger herzustellen, und in dieser Richtung bot die Wiener Ausstellung mehrere interes- 
sante kleine Erfolge, obgleich das Problem noch nicht bis zur Losung gebracht ist, und 
man fast annehmen dürfte, dass die elektrischen Ausstellungen jetzt zu rasch einander 
folgen, als dass jede einen eclatanten Fortschritt bringen könnten 
Es folgt nun ein Abschnitt über die örtlichen Verhältnisse 
Berlins. Die Stadtbahn, die ihren Betrieb am 6. Februar 1882 eröffnete, 
hat während des Jahres t88zf83 rund 8,4oo.ooo Personen befördert. Der 
Kern Berlins gibt immer mehr an die Außenviertel ab und wird von 
Jahr zu Jahr mehr Geschäftsstadt, gleichsam Comptoir für die zahllosen 
Betriebe. Die Gesammteinnahme der drei großen Pferdebahnen dürfte im 
Jahre t884 9,60o.ooo Mark, die Frequenz 80 Millionen fahrende Personen 
überschreiten. In Deutschland befinden sich jetzt Telephon-Anstalten in
	        
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