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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 233)

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müßigt war, für jede kunstgewerbliche Arbeit die genauesten Angaben 
zu machen, dass sich vielmehr Architekten und Gewerbetreibende so 
gut verstanden, dass man Letzteren die weitgehendsten Freiheiten lassen 
konnte. Unter solchen Umständen war nicht allein viel Zeit und Arbeit 
erspart, der Kunstindustrielle, der sein Metier gründlich verstand, wusste 
auch die Vorzüge des Materials, in welchem er arbeitete, in so emi- 
nenter Weise zur Geltung zu bringen, wie es der Architekt, der weder 
Tischler noch Erzarbeiter, weder Hafner noch Teppichwirker ist, nie und 
nimmer vermocht hätte. Wie wir sehen, erhebt sich also die Opposition 
gegen den Einfluss der Architekten auf das Kunstgewerbe im Lager der 
Architekten selbst und stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente: 
auf die Einförmigkeit, welche der besprochene Vorgang herbeiführt, und 
auf das Beispiel der Vergangenheit, die Besseres geleistet habe, ohne dass 
ein so unmittelbarer Einfluss der Architekten stattgefunden hätte. 
"Das Kunstgewerbe muss wieder selbständig werdenu, so lautet das 
Schlagwort in jenen Kreisen. Es hat dasselbe umsomehr Anklang ge- 
funden, als bei den verschiedensten Gelegenheiten zufolge des Einflusses 
der Architekten an Möbeln, Geräthschaften, Webereien u. s. w. eine kalte 
Steifheit, ein Mangel an Grazie und Anmuth, ein trockenes schematisches 
Formelwesen zu Tage trat, welches Laien zu dem Ausspruch verleitete, 
solche Dinge seien vielleicht von staunenswerther Correctheit, aber schön 
könne man sie nicht nennen, während ihnen der Fachmann auch die 
erstere Eigenschaft absprechen musste, da ihnen jene Correctheit, wie sie 
das innere Wesen des Gegenstandes fordert, abging. Und es ist dieser 
Widerwille gegen Entwürfe, die von außenher dem Kunstgewerbe zu- 
fließen, noch gestiegen angesichts von Arbeiten, welche Leute von unzu- 
länglicher Bildung, darunter namentlich unbeschäftigte Bauzeichner, die 
sich gelegentlich auch Architekten nannten, ausgeführt hatten. Talent- 
losigkeit des Einzelnen kann uns aber nicht veranlassen, ein an sich rich- 
tiges Princip aufzugeben. Dagegen wird es sich in den meisten Fällen 
empfehlen, wenn bauführende Architekten nur bis zu einer bestimmten 
Grenze das Kunstgewerbe an ihre eigenen Entwürfe binden. Was mit 
dem Gebäude nicht mehr in fester, unverrückbarer Verbindung steht, 
sollte sich in der Regel ihrem Wirkungskreis entziehen, denn unwillkür- 
lich bewegt sich die schaffende Phantasie innerhalb des Kreises der ge- 
wohnten Formenwelt, in diesem Falle also der rein architektonischen, 
und es werden dann Möbel, Oefen, Uhren u. s. w. ebenfalls zu förm- 
lichen Gebäuden. Etwas Anderes ist es aber, bauführende Architekten 
mit kunstgewerblichen Aufgaben zu betrauen , oder Künstler zu derar- 
tigen Entwürfen heranzuziehen, die ihrem Studiengange nach zwar Archi- 
tekten sind, sich aber später dem Kunstgewerbe zugewendet haben und 
mit der Malerei und Plastik in lebendiger ununterbrochener Wechsel- 
beziehung stehen. Solchen Architekten muss auch in Zukunft die gei. 
stige Führung im Kunstgewerbe überlassen bleiben, und wir sind vor- 
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