schaftliche in den Patriarchenhistorien Benozzo Gozzoli's im Campo Santo von Pisa). -
Sobald die Landschaft im eigentlichen Sinne componirt wird, geschieht dies wunderlich
genug. Eine naive Srylisirung ist das vorläufige Surrogat für die getreue Wiedergabe
der Naturformen; geschnitzte und abgedrechselte Bäume, dazu Felsen wie aus geknitterter
Pappe. (Die letzteren übrigens nach dem Bedürfnisse des darzustellenden Vorganges
angeordnet, etwa wie die Versetzstücke der Bühne.) Genauere Studien der Blume und
des Laubwerkes nach der Natur stellen sich erst in der zweiten Halfte des 15. Jahr-
hunderts ein (z. B. in der Landschaft der Vision des heil. Bernhard von Filippino Lippi.
Badia in Florenz; in den landschaftlichen Prospecten der Scenen aus dem Leben des
Papstes Pius ll. von Pinturicchio, Libreria io Siena).
Nach den religiösen Stoffen ergeben sich beiläufig folgende Naturscenerien, die
sich in Haltung und Stimmung wohl von einander unterscheiden lassen: Landschaften
der Krippenbilder mit der Anbetung der Hirten: idyllisch-friedlich und mild, mit Lammer-
herden als Staffage; Landschaften der Epiphanienbilder, von eigenartiger Romantik -
mit Fels und Thalgrund, Castellen auf den Berghöhen, Jagdbildern im Mittel- oder
Hintergrunde (Fresken der nheiligen Reise: von Benozzo Gozzoli, Cappella de Medici
im Pal. Riccardi zu Florenz; nAnbetung der Könige: von Vittore Pisano im Berliner
Museum). - Die Taufe Christi: Palme im Vordergrunde, weite, freie Fernsicht über
Strom, Auen und Berge (Taufe Christi von Verocchio in der Akademie zu Florenz, von
Perugino in der Sixtinischen Capelle im Vatican u. s. L). - Berufung der Junger am
Ufer des galilaischen Sees: Fischer-Idylle, offene Seelandschaft, weiter Kranz von Bergen
(Fresco von Domenico Ghirlandajo in der Sixtinischen Capelle; Darstellungen dieses
Gegenstandes von Marco Basaiti in der Akademie von Venedig und im Belvedere von
Wien). - Kreuzigung, Kreuzesabnahme und Beweinung des Leichnames Christi: Land-
schaft mit elegischem Ernste der Stimmung. (Das Laudschaftliche hier besonders schon
in der berühmten Pieta von Perugino, Gall. Pitti.) - Weiter sind hervorzuheben: die
Thronbilder der Madonna mit landschaftlichen Seitenausblicken (in größter Anzahl durch
alle Schulen). - Eine Specialitat sind die Naturscenerien der Einsiedler-Historien: wilde,
phantastische Felseinöden (besonders charakteristisch eine Felslandschaft in der Legende
des heil. Bernhardin von Buonfigli, Gallerie von Perugia).
Der Vortrag kam weiter darauf, der hohen Bedeutung zu gedenken, welche
Leonardo da Vinci in seinem Lehrbuche: i-Libro dell" arte di pittura- der Landschaft
und den malerischen Bedingungen ihrer richtigen Behandlung beilegt; er unterscheidet
sich auch hierin auf's Schärfste von Michelangelo, für welchen der künstlerische Voll-
werth in den Figuren erschöpft war, und der die Ablenkung des Auges von denselben
in reich belebte landschaftliche Hintergründe durchaus nicht billigen mochte.
Zuletzt schloss der Vortrag mit einem allgemeinen Ausblicke in die Hoch-
renaissance. Diese erst wurde der landschaftlichen Composition in vollem Maße mächtig
und wusste sie in großer Linienführung einheitlich aufzubauen - während die Früh-
renaissance zunächst bei den Einzelnformen des Naturbildes mit liebevollem Blicke ver-
weilte, und dasselbe mehr zu detailliren als im großen Sinne zusammenzufassen
verstand.
Literatur - Bericht.
Geschichte der technischen Künste. im Vereine mit Albert Ilg, Fr. Lipp-
rnann, Ferd. Luthmer, Arthur Pabst, Herm. Rollet, Georg Stockbauer
herausgegeben von Bruno Bucher. Zweiter Band, Berlin und Stutt-
gart, W. Spemann, 1886. gr. 8". 425 S.
Die Vollendung des zweiten Bandes der Geschichte der technischen Künste war
hinausgeschoben worden, weil die Mitarbeiter, durch äußere Umstände verhindert. dem
Herausgeber fast die ganze Arbeit nberließen. Der erste Theil dieses Bandes, die gra-
phischen Knnste umfassend, sowie die Ausführung der zweiten Hälfte der Geschichte
der Goldschmiedekunst, deren Darstellung Albert llg begonnen hat, fielen Bucher allein
zu. [m Interesse der schnelleren Vollendung des Werkes ist es zwar zu beklagen, dass
Bruno Bucher die Mitarbeiterschaft der hervorragenden Fachmänner, die er um sich
versammelt, verschiedener Zufälligkeiten wegen entbehren musste, im Interesse der ain-
heitlichen Gestaltung des Werkes aber ist dies eher ein Vortheil zu nennen. Da Bucher
schon die meisten und wichtigsten Capitel des ersten Bandes und nun den zweiten bei-
nahe vollständig gearbeitet hat, gewinnt das Werk an Geschlossenheit, und jene Nach-
theile, die sich bei den jetzt zu sehr beliebten Geschichten in Einzelndarstellungen regel-