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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 9)

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Wir haben es ja, was die unmittelbare Wahrnehmung der Dinge der 
Außenwelt durch das Auge betrifft, überhaupt nur mit Flächen zu 
thun, welche, in verschiedener Belichtung auf die Netzhaut projicirr, 
Vorstellungen, die aufdie Oberfläche der Obiecte Bezug haben, 
im Gehirne wachzurufen im Stande sind. 
Die Erkenntniss der Körperhaftigkeit der Dinge verdanken wir nicht 
dem Gesichtssinne, wenigstens nicht diesem allein. 
Schon" durch den Sehprocess an und für sich, ohne dass die aus 
ihm resultirende Wahrnehmung für sich allein oder durch gleichzeitige 
Empfindungen anderer Sinne unterstützt, zur Reflexion führt, wird das 
normale Auge je nach den vorhandenen Umständen angenehm oder 
unangenehm erregt. (Fortsetzung folgt.) 
Ueber den Einfluss des christlichen Reliquiencultes 
auf die bildenden Künste. 
Von Prof. Dr. W. A. Neumann. 
(FortsetzungJ 
Reicher waren die großen oder kleinen Särge, welche in mehr oder 
weniger enger Beziehung zum Altare standen, sei es, dass sie hoch oben 
hinter dem Altare durch Vorhänge sich für gewöhnlich den Augen der 
Gläubigen entzogen, oder aber dass sie wie Grabmonumente selbständig 
dastanden. Es versteht sich von selbst, dass, als die Architektur Ueber- 
gewicht erhielt, auch diese Särge nicht blos im Schmucke, sondern auch 
im ganzen Aufbau architektonische Formen erhielten. Viele derselben 
gehören geradezu in die Glanzzeit deutscher Goldschmiedekunst, zu dem 
schönsten, was überhaupt je darin geleistet wurde. Ich erwähne nur die 
berühmtesten: den prachtvollen Sarg Karls des Großen in Aachen, 
den größten aller dieser mittelalterlichen Reliquiensärge, 2 Meter lang, 
59 Centim. breit, 93 Centim. hoch (1166-1215); den fast gleichzeitigen 
(1167-1191) wunderschönen Sarg der heil. drei Könige in Köln, der 
reichste von allen, auf 2,ooo.ooo Thaler geschätzt; den Sarg des heil. 
Servatius in Mastricht, Ende des 12. Jahrhundertes; etwas kleiner als 
der Sarg Karls des Großen in Aachen ist der daselbst befindliche Kasten 
"ad laudem S. Virginisu, nur hat er noch ein Querschitl", er stammt 
vom Jahre 1220 '); die aus dem 12. Jahrhunderte stammenden von 
Xanten, Trier, Hildesheim. 
Diese Art Reliquiar hat noch im 15. Jahrhunderte sehr bedeutende 
Vertreter in Köln (Makkabäerkasten zu St. Andreas), zu Altbreisach 
1496, auf der Reichenau. ' 
') Abbild: Cahier, Mel. Vol. I, Taf. 1-3; Aus'm Weerth, Taf. XXXVI, 1-7 
Bock, Pfalzcapelle l, Fig. 56; Kleinodien, Anh. 40. Zu diesen unseren Ausführungen 
diente uns vielfach Otte's Handbuch der kirchl. Kunstarchaologie, z. Autl, auf die wir 
hier als auf eine unserer Hauptquellen verweisen.
	        
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