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ein festes dauerhaftes Gewebe. Man muss sich nur wundern, dass man
nicht früher auf deductivem Wege zu dieser Erkenntniss gelangt ist ').
Man müsste es denn als zufällig ansehen, dass die altperuanischen Gewebe
im British Museum die vollkommen gleiche Textur aufweisen; sie ver-
rathen vielmehr ebenso wie die noch heute bei einzelnen orientalischen
Völkern (z. B. den Yuruken) in Gebrauch stehenden einfachen Haute-
lisse-Stühle, dass die Gobelinweberei der hrochirten Weberei an Alter
mindestens gleichsteht, wofern ihr nicht vorausgegangen ist.
Die oben erwähnten sogenannten Graf'schen Funde wurden von ihrem
Bearbeiter Prof. Karabacek in unzweifelhafter Weise größtentheils in die
ersten Jahrhunderte der altchristlichen Zeit datirt. Vergleichung mit den von
Fischbach und Prisse d'Avennes publicirten Resten aus dem Louvre ergab
das Resultat, dass letztere derselben Zeit entstammen. Dasselbe gilt von
den Turiner Stücken, soweit sie bei Dupont-Auberville wiedergegeben
sind. Jüngst hat auch Lady Alford im nNeedlework as arte über den
Gegenstand gehandelt und auf Grund der Lecture des Karabacek'schen
Kataloges als feststehende Thatsache angenommen, worüber noch Wil-
kinson und Birch die Frage offen ließen, nämlich die ausgedehnte Uebung
der Gobelinweberei' im alten Aegypten. Doch irrt die gelehrte Verfasserin,
wenn sie die im British Museum aufbewahrten Stücke in die Tage Homer's
hinaufdatirt, denn nach den von ihr auf zwei Tafeln (Nr. 18 und 46) bei-
gegebenen Abbildungen sind sie in Technik und Muster vollkommen
gleichartig mit den Stücken der Sammlung des Oesterr. Museums, ja
theilweise Doubletten derselben. Wir sind glücklicherweise auch im Stande,
zu beweisen, wie verschieden im Style die Erzeugnisse der Textilkunst
in pharaonischer Zeit gewesen sind. Dem Nilbodeu, der jene Tausende
von Gewändern aus altchristlicher Zeit für die Forschung aufbewahrt
hat, verdanken wir nicht minder die Conservirung eines viel älteren
Denkmales, des in Applicationsstickerei verzierten Zeltes der Schwieger-
mutter König Scheschank's, einer Zeitgenossin Salorno's. Die aus der
Monographie von Villiers Stuart über das im Museum von Boulaq ver-
wahrte merkwürdige Denkmal entlehnte Abbildung im Needlework (Taf. 44)
zeigt unmittelbare Anlehnung an altägyptische Götterlehre und den Styl
der altägyptischen Wandmalerei: beides Dinge, die an den Graf'schen
Funden längst überwunden erscheinen. Ferner irrt Lady Alford, wenn
sie die Gobelinwebereien des British Museum durch Stickerei vollendet
sein lässt. Der Augenschein spricht zwar zu Gunsten dieser Meinung,
doch lehrt eine aufmerksame Untersuchung, selbst ohne Mitwirkung des
Mikroskopes, dass auch die feinen hellen Fäden, die über den dunklen,
') Eug. Müntz (La tupisserie) hat zwar den Gedanken ausgesprochen, aber in
wenig prliciser Weise und nachdem ihm durch Karabacek (Susandschird) die Wege ge-
ebnet waren; auch waren die Krim'schen Funde bereits publicirt, als jenes französische
Werk erschien.
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