jlL
geschildert und dabei in gründlichster Weise gearbeitet, so dass nur einige wenige Par-
tien ihres Wirkens und Schadens unaufgehellt bleiben. Allerdings gibt es jedoch trotzdem
noch die eine und andere, wie denn z. B. die Beziehungen der Künstler zu den Nieder-
landen verhültnissmaßig am wenigsten genau erforscht sind und auch nach Plon's Arbeit
aus den dortigen Archiven noch manch" wichtiger Aufschluss zu holen sein dürfte. So
geht der Verfasser auch über Leone Lenni's Verhältniss zu dem am Hofe der Statt-
halterin Königin Maria thatigen Bildhauer Jacob Dubroeucq, welcher bekanntlich auch
mit Giovanni da Bologna wichtige Berührungen hat, etwas kürzer hinweg. Meine
Arbeit über Leoni erganzt Plon's allgemeines Werk in einer bestimmten Richtung,
indem sie sich mit jenen Schöpfungen des Künstlers beschäftigt, welche sich heute noch
in den kaiserlichen Sammlungen befinden. Soweit Plan von denselben Kunde hatte und
soweit mir vor Erscheinen seiner Monographie das Materiale über die allgemeine Ge-
schichte des Meisters zu Gebote stand, hat unsere beiderseitige Bemühung den Erfolg
gehabt, die Einzelresultate unserer Forschungen theils zu bestätigen, theils zu ergänzen,
was mir zu besonderem Vergnügen gereicht. Plon hat sich auch in diesem schonen
Buche als ebenso gewissenhafter Forscher, wie als kenntnissreicher und geistvoller
Schilderer erwiesen. Er unterscheidet sich von einer erklecklichen Anzahl seiner kunst-
schriftstellernden Landsleute sehr vortheilhaft durch die lbbliche Eigenschaft, den streng
historischen Ton zu wahren, die Facta an die Spitze zu stellen und seine logischen
Conclusionen daraus einfach und sicher zu ziehen, wogegen er uns mit dem breiten,
phrasenhaften Geschwätz über allgemeine Gesichtspunkte und Aesthetisches verschont,
das sonst der franzosischen Kunstliteratur so geläufig zu sein pflegt, - übrigens in der
deutschen auch recht weitverbreitet vorkommt. Das Buch ist mit seiner Fülle von Ur-
kundenmaterial, worin noch, abgesehen von den Leone, eine große Menge Nachrichten
über andere zeitgenössische Künstler steckt, ein reicher Schatz, der noch außerordent-
liche Ausbeute gewähren wird. So wollen wir nur andeuten, dass einer vor mehreren
Jahren aufgetauchten, dann aber durch eigenartige Umstände unterbrochenen Unter-
suchung über Tizianische Porträte aus der Familie Kaiser Karl's V. durch die Urkunden
und Forschungen Plon's höchst wichtiges und willkommenes Materiale zugeführt worden
ist, wovon seinerzeit die Rede sein soll. -- Die Radirungen von Paul le Rat, Heliogra-
vuren und sonstige illustrative Ausstattung des prachtvollen Werkes stehen auf der vollen
Höhe moderner Publicationsweise; die Einrichtung des Buches mit genauen Registern
und lnhaltsverzeichnissen muss als vollkommen wissenschaftlich-musterhaft bezeichnet
werden. l.
es
Hans Tirol's Holzschnitt, darstellend die Belehnung König Ferdinand's I.
mit den österreichischen Erbländern durch Kaiser Karl V. auf dem
Reichstage zu Augsburg am 5. September 1530. Nach dem Originale
im Besitze der Stadtgemeinde Nürnberg herausgeg. von A. Essen-
wein. Frankfurt a. M., Heinr. Keller, 1887. gr. F01. 4 u. 8 S. Text
mit 18 Tafeln. M. 45'-
Die von Nagler nicht ganz mit Unrecht den Werken des Jörg Breu zugezahlte
Darstellung der Belehnung Ferdinand's l. mit den österreichischen Erblanden durch
Kaiser Karl V. auf dem Reichstage zu Augsburg im Jahre 1530 erfahrt in der vorlie-
genden Publication eigentlich zum ersten Male eingehende Würdigung und Beschreibung.
Auch die Vervielfältigung des prächtigen großen Holzschnittbildes muss man um so
dankbarer willkommen heißen, als das Original nur in einem Exemplare, demjenigen
im Besitze der Stadtgemeinde zu Nürnberg, bekannt ist und dieses bereits in einem
Zustande des Verfalles sich befindet, dass nur eine unverweilte Aufnahme des Blattes
die Möglichkeit bot, das Werk wenigstens in einer genauen Copie der Zukunft zu über-
liefern. Das auf Leinwand gespannte Original, gegenwärtig im Germanischen National-
museum autbewahrt und in 18 Theile zerschnitten, war 2'380 Meter breit und 1'570 Meter
hoch, altcolorirt, mit aufgesetzten Goldlichtern. Unter der besonders costümgeschichtlich
sehr interessanten Darstellung der hauptsachlichsten Scenen aus den glänzenden Fest-
lichkeiten der Belehnung] befanden sich auch noch acht Blätter mit erklärendem Text,
eingefasst von zwei Saulen mit der Devise Karl's V. und das Wappen des Herausgebers
Hans Tirol. Ueber diesen Künstler, der bisher gemeiniglich nur als Verleger des
Werkes betrachtet wurde, bringt Essenwein ausführliche Nachrichten. Forschungen im
Augsburger Stadtarchive, vor Allem aber das in den Jahrbüchern der kunsthistorischen
Sammlungen des Allerhochsten Kaiserhauses veröffentlichte reiche urkundliche Materiale
zur Kunstgeschichte, ergaben ein ziemlich vollständiges Bild der äußeren Lebensumstande
dieses in der Literatur bisher wenig genannten, seinerzeit aber hervorragenden Künstlers,
der Maler. Baumeister und Kunsthandler zugleich war. Die Familie des Hans Tirol war