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Volltext: Alte und Moderne Kunst II (1957 / Heft 3)

DAS 
PRADO-MUSEUM IN MADRID 
KRITISCHE BETRACHTUNGEN ZU EINEM KONSERVATIVEN UMBAU 
Von ANTON DIETERICH 
Das PIYIClOWXlUSCIIFU ist nicht allein Madrids Hauptanziehungs- 
puiikt: es ist der mächtigste Magnet Spaniens, zu dem fast die 
lrlltlfte aller Spanienfahrer pilgert. Seine Besucherzahlen sind in 
den letzten Jahren sprunghaft itngestiegen; aus den 345.000 Gä- 
sten des Jahres 1950 sind mehr als eine Million geworden, wobei 
der Anteil der Aus iider den der Spanier überwiegt. Die außer- 
gewtähnliehe (Qualität seiner Sel tze rechtfertigt diesen Erfolg. 
Aber es geht nicht allein darum, . l diese Pinakothek 115 (iovas, 
h} Rubens, 50 Veliiztltiez, S0 Riberas", 39 Älurillos und 33 Grecos 
besitzt; ihr besonderer Reiz ist in ihrer eigenwilligen, höchst 
persönlichen Prägung verborgen, die von königlichen Liebhabern 
stammt. Der Prado bietet seinen Besuchern Schütze, mit denen 
kein anderes Museum der XVelt konkurrieren kann; er bekennt 
sieh aber auch zu Liicken, die jedes mittlere Landesmuseum 
ängstlich zu verbergen bemüht wiire. 
Heute bietet das Pritdo-Älusetim rund 3000 Gemälde und Plasti- 
ken, von denen etwa 2500 in 113 Stilen ausgestellt sind. Das statt- 
liche (it-biiude, das der baufreudige Bourbone Karl III. in Auf- 
trag gab, und Juan de Villanuevit in nobel-repriisentativem klas- 
sizstischem Stil erbaute, war ursprünglich einem Naturalien- 
Kabinett zugedacht. Ferdinand Vll. verwandelte es in eine Ge- 
mäldegalerie, die er am 19. November 1819 eröffnete. ln drei 
Sälen waren 311 Bilder aus dem  lgSplll ist, der Academia de 
San Fernando und dem Eseariitl ver nigt. Diese erste Sammlung 
bestand vorwiegend aus spanischen Meistern, wobei Goya aller- 
dings nur mit zivei Werken, den Porträts von Karl IV. und der 
Königin hlitria Luisa, vertreten war, wahrend Greeo nicht als 
„musetimsreil"' galt. Zehn Jahre später hatte sich der Bestand 
auf 755 Bilder bereits mehr als verdoppelt. Der Katalog von 18-13 
zahlt 1949 (iemaltle auf. Dieser Bestand blieb bis 1910 nahem 
unveritndert. 
  
 
  
 
 
Dank einigen Stiftungen und glücklichen Ankiiufen konnte der 
Prado bis in die jüngste Zeit seinen unschätzbaren Reichtum 
mehren. Dazu gehören in der Zeit nach dem Bürgerkrieg von 
1936 bis 1939 einige Perlen aus der Sammlung des Katalanen 
Cambii, vor allem drei Titfelbiltler Bottieellis aus den Jahren 
1483 bis H87 mit einer ungewöhnlich frischen und kraftvollen 
lllustrierung einer läuccaceio-Novellc, ferner eines der schön- 
sten Stilleben Zurbttiutns und die im Jahre 1941 über Marschall 
Petain zurüekgetausrhte „Himmelfahrt Nlariae" Nlurillos, die 
einst Marschall Soult aus Spanien entführt hatte, und aus aller- 
jüngstei" Zeit _ ein Fund von höchsten Kitraten - die „An- 
betung der Hirten", die Greeo für sein Grab in Santa Domingo 
el Antiguti in Tnledo gemalt hatte. Dieser „Treffer" allein 
könnte jeden hltiseumsdirektor vor Neid erblassen lassen und 
vällillttlllSlCflu in geradezu verblüffender Weise die erste spani- 
sche Staatsgalerie, die bisweilen einen überkonservativen Ein- 
druck macht. Das Sritwerk Gret war bisher fast unbekannt, 
da es in einer toledttniselwen Klosterkirche die Höhe eines Retablo 
krönte, verrulit und kaum in seinen Umrissen zu erkennen war. 
Die Reslaurittorcn des Prado, an ihrer Spitze Senor Seisdedos, 
die gerade für Gree") wie auch für Goya eine besonders glück- 
liche Hand haben, vermochten aus dem verwahrlosten Gemälde 
seinen ganzen ursprünglichen Glanz und Zauber hervorzuholen: 
das Prado-Älusetitn läesitzt keinen schöneren, größeren, leueh- 
tenderen Greco", er gehört in die unmittelbare Nähe der letzten 
(jrece-Arbeiten „Himmelfahrt hlttriae" und "Titufe am Jordan", 
die in Toledo zu sehen sind. 
 
Abb. l. El Greeo: UAnbetting der llirten". 
Nach gründlicher Reinigung durch tli: 
Prado-Restauratoren zählt d Bild im 
Prado nun zu den schönsten unt wertvollsten 
Neuerwterlwungen dieses Jahrhunderts. 
 
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