Oesterreich übergegangen und die Fortentwickelung der Dinge bis auf die neueste Zeit
geschildert. Dieser Theil ist gut geschrieben, wird dem Fachmann auch wirklich Be-
lehrung bringen und zeigt den Verfasser in seinem Fahrwasser. Die historische Partie
aus den entlegenen Zeiten bis in's I6. Jahrhundert hat aber den Charakter des Zusammen-
gelesenen und nicht Verarbeiteten, abgesehen von dem Mangel der Erkenntniss, dass die
Sache gar nicht hiehcr gehört. Schon 1n der Behandlung des Stoffes sieht man, dass der
Verfasser sich auf einem ungewohnten Boden bewegt. Bei der Anführung eines Wortes
von Ulrich von Hutten Herrn Prof. Lübke als Quelle zu citiren, oder zu sagen: nnach
Lübkec soll Eumaros das und jenes erfunden haben, iat naiv genug. I.
i
Histoire des Joyaux de la Couronne de France d'apres des documents
inedits par Germain Bapst. Ouvrage orne de cinquante gravures.
Paris, Hachette 8a Co., 188g. gr. 8". III, 713 p. M. 24.
Durch hundertundfünfzig Jahre, bis 1887, als die Kronjuwelen veräußert wurden,
und somit auch das Amt der französischen Kronjuweliere aufhorte, waren Söhne der
Familie Bapst mit diesem Hofamte betraut. Der Urenkel als Erbe zahlreicher diesbezüg-
licher Documente fand sich nun veranlasst, eine quellenmäßige Geschichte der franzö-
sischen Kronjuwelen zu verfassen, und hat dadurch die stattliche Reihe seiner kunst-
geschichtlichen Publicationcn um eine werthvolle Arbeit vermehrt. Das Buch zählt nicht
zu den leicht und angenehm zu lesenden, vielfache Langen, uninteressante Details und
stellenweise eine wahrhaft ermüdende Umstandlichkeit machen die Lectüre mehr zur
Arbeit als zum Genuss. Da ferner, entsprechend der Natur der Gegenstandes, nur der
geringere Theil des Inhalts sich mit Dingen kunstgeschichtlichen Charakters befasst, ist
die Benutzung des Buches für den Kunsthistoriker als solchen zeitraubend .und wenig
ergiebig. Nichtsdestoweniger darf dasselbe von Keinem übergangen werden, der sich mit
der Geschichte des Schrnuckes oder der Goldschtniedekunst befasst. Ein reiches archi-
valisches Quellenmaterial, besonders interessant durch die zahlreichen Inventare, ist
jedem Capitel beigegeben und vier übersichtlich angeordnete Register nebst detaillirter
Inhaltsangabe vor jedem Capitel erleichtern die Benutzung in jeder nur möglichen Weise.
Der Autor führt die Geschichte der französischen Kronjuwelen bis in die Regie-
rungszeit Franz I., des Begründers des Schatzes, zurück. Derselbe hatte damals schon
einen Werth von mehr als drei Millionen Francs. Nur ein Stück aus jener Zeit, ein
Rubin Namens lCöte-de-Bretagnec ist noch erhalten, von allen anderen Objecten können
wir uns nur aus Beschreibungen und Rcconstructionen nach Bildnissen von Mitgliedern
des königlichen Hauses eine Vorstellung machen. Solcher Beschreibungen sind viele in
den Text eingefügt, und manche von ihnen nicht ohne Wichtigkeit '). An diesen Stellen
finden wir auch in der Regel die betreffenden Meisternamen, die sich schließlich zu
einer geschlossenen Grup e franzdsischer Hofjuweliere vom I6. Jahrhundert angefangen
bis zur Auflösung des Sc atzes vereinigen. Einzelnen, hauptsächlich durch ihren mate-
riellen Werth hervorragenden Stücken, wie dem wSancyu, dem rMiroir de Portugals,
dem nRegent: und anderen berühmten Steinen sind lange Abschnitte, ja ganze Capitel
gewidmet. - Noch während des 16. Jahrhunderts wurden die Kronjuwelen dreimal
umgefasst, und nahezu bei jeder Vermählung eines französischen Thronerben vollzogen
sich wichtige Veränderungen mit den alten Schmuckstücken, die letzte 1853 bei ,der
Heirath Napoleon III. - Eine nicht uninteressante Beobachtung bezüglich der Form des
franzüsischen Schmucke: im I6. Jahrhundert spricht der Autor S. 119 aus, wo er sagt,
dass in Frankreich die getriebenen oder frei im Runden gearbeiteten Figuren nur als
Ornament, als Randverzierung dienten, um einen schönen Stein einzurahmen, der die
Mitte des Juwels bildet. Es sei das geradezu ein Kennzeichen des französischen Schntuckes,
während in Italien, Deutschland und den Niederlanden die Figuren die Hauptsache des
Schmuckstückes, und die Steine nur ornamentale Zugaben waren. Ist diese Behauptung
auch nicht ganz stichhaltig. so vermag sie der Forschung doch in vielen Fallen eine
Richtung zu geben. Bestärkt werden wir in dieser Anschauung dadurch, dass im Schmuck-
inventar der Schwester Heinrich IV., dem interessantesten französischen Inventar des
16. Jahrhunderts, solche Bijnuterien direct nä facon dßtllemaignen bezeichnet werden. -
Schon mit Beginn der Regierung Ludwig XIII. verschwindet am französischen Hofe das
Email aus dem Schmuck, und nur die Rückseite zieren noch schwarze Arabesken. Die
nächste gründliche Umwandlung im Fassen der Steine vollzog sich um die Mitte des
18. Jahrhunderts, es war die Montirung ä jour; ihr folgte unter Ludwig XVI. die Mode,
den Stein als Mittel anzusehen, irgend ein ornamentales Motiv zur Darstellung zu bringen.
') So die auf dgu Seiten 4, I9, 43. 57. 98. 168. 293 ß. 303, 332 und 4,12.