VIII. Unterricht im Rechnen.
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VIII. Unterricht im Rechnen.
Bericht von Professor Karl Schubert an der Lehrerinnen-Bildungsanstalt in Wien.
Für die Lehrer- und Lehrerinnen-Bildungsanstalten gibt §. 6
der hohen Ministcrial - Verordnung vom 12. Juli 1869, Zahl 6299, folgendes
Lehrziel für die Arithmetik an:
„Sicherheit im Kopf- und Tafelrechnen, Vertrautheit mit den bürgerlichen Rechnungs
arten, Kenntniss der elementaren Algebra.”
Der §. 4 des Lehrplanes für die Lehrer-Bildungsanstalten (Ver
ordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 19. Juli 1870, Z. 7033)
hat bezüglich der Arithmetik Folgendes festgesetzt:
„Ziel: Sicherheit im Kopf- und Tafelrechnen, Uebung in den wichtigsten bürger
lichen Rechnungsarten, Kenntniss der elementaren Algebra.
I. Classe 2 Stunden. Die Entstehung der Zahl und das dekadische Zahlensystem.
Die Grundrechnungsarten in ganzen Zahlen, Decimalbrüchen, gemeinen Brüchen sowohl in
allgemeinen als in besonderen Zahlen. Elemente der Gewichts-, Mass- und Münzsysteme
mit besonderer Berücksichtigung des metrischen Systems.
II. Classe 2 Stunden. Die Proportionslehre und ihre Anwendung auf die wichtigsten
bürgerlichen und kaufmännischen Rechnungen, Potenzen, Wurzeln, Logarithmen.
III. Classe 2 Stunden. Gleichungen des 1. Grades mit einer und mehreren Unbekannten.
Gleichungen des 2. Grades mit einer Unbekannten, arithmetische und geometrische Pro
gressionen, Zinses-Zinsrechnung.
IV. Classe 1 Stunde. Die Grundzüge der einfachen kaufmännischen und gewerblichen
Buchführung. Einübung an praktisch durchgeführten Beispielen. Wiederholung des ge-
sammten Lehrstoffes. Methodik.”
Der §. 4 des gleichzeitig kundgemachten Lehrplanes für die Lehrerinnen-
Bildungsanstalten schliesst nur die Algebra vom arithmetischen Unterrichte
aus, stellt aber im Uebrigen dieselben Anforderungen bezüglich des Lehrzieles.
Der Lehrplan für das Rechnen in den genannten Anstalten ist in folgender
Weise normtet:
„I. Classe 2 Stunden. 1. Semester: Das dekadische Zahlensystem; die Grund
rechnungsarten mit ganzen Zahlen und Decimalbrüchen; Rechnungsvortheile bei der Multi
plication und Division in Decimalbrüchen; Theilbarkeit der Zahlen. 2. Semester: Das grösste
gemeinschaftliche Mass; das kleinste gemeinschaftliche Vielfache; die gemeinen Brüche und
Anwendung derselben auf die vier Species; Verwandlung der gemeinen Brüche in Deeimal-
brüche und umgekehrt; die wälsche Praktik; Elemente der Gewichts-, Mass- und Münz
systeme mit besonderer Berücksichtigung des metrischen Systems.
II. Classe 2 Stunden. 1. Semester: Einfache und zusammengesetzte Proportionen.
2. Semester: Kettensatz; Interessenrechnung; einfache Fälle der Zinses-Zinsrechnung.
III. Classe 2 Stunden. 1. Semester: Einfache und zusammengesetzte Gesellschafts-
Rechnungen (Theilungs-, Durchschnitts- und Mischungs-Rechnung). 2. Semester: Einfache
kaufmännische Buchführung, durchgeführt in praktischen Beispielen.
IV. Classe 1 Stunde. Wiederholung und Zusammenfassung des ganzen Stoffes.
Methodik.”
Vor der umfassenden Schulreform von 1850 bildete an den damaligen
„Präparanden-Cursen” in Oesterreich die Grundlage des Unterrichtes überhaupt