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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 12)

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Das Hauptinteresse bei dem Mobiliar gehört freilich den Möbeln 
in den Stilarten des Rococo, Ludwig's XV. und Ludwig's XVI. bis hin 
zum Empire. Alle diese beleben sich mit Zierrat in vergoldeter Bronze, 
einerlei, ob in den wilden und geschweiften Formen des Rococo oder in 
den gesteiften und zierlichen seiner Nachfolger. Man sieht Kasten, Schreib- 
tische, Consoletische, bei denen das Holz unter der Masse des glänzenden 
Metalls fast verschwindet, andere wieder, bei denen das Metall nur zart 
und fein die Kanten umzieht. Aber der goldige Glanz, selbst in den 
kühnsten geschweiften Bildungen, genügt nicht: die Flächen wollen auch 
ihren Schmuck haben und nicht blos den einfachen dunklen oder hellen 
Ton des polirten Holzes zeigen. Zwar die Boulearbeit, die Marqueterie 
in Metall und Schildkrot, verschrnähen diese Möbel, _wie Alles, was der 
eigentlichen Barockzeit angehört, aber dafür machen sie die reichlichste 
Anwendung von der Holzmosaik. Blumen und Ranken, Landschaften, 
Architekturen, Genrebilder bedecken die Flächen der Möbel wie ehedem 
im achtzehnten Jahrhundert, oder es tritt statt der Holzintarsia die Ma- 
lerei ein mit modernen Gemälden oder Scenen nach Watteau und Boucher 
z. B. auf dem Getäfel der Bettgestelle. Auch die Lackmalerei des acht- 
zehnten Jahrhunderts, der Vernis Martin, ist auf diesen Möbeln wieder 
aufgelebt. Wenn man bedenkt, wie Alles auf das schönste und beste ge- 
arbeitet ist, so bleibt es nur zu verwundern, wo und wie alle diese zahl- 
reichen Kostbarkeiten - denn das sind sie in der That - Käufer linden.- 
Finden sie dieselben - und sie müssen es wohl - so ist wahrlich die 
französische Kuustindustrie um deswillen allein beneidenswerth. 
Wie die Möbel, so scheiden sich auch die Decorationsgewebe, die 
Stoffe zur Bekleidung und Bedeckung von Wand, Fußboden und Sitz- 
rnöbel nach den beiden Richtungen, einerseits der Renaissance, anderer- 
seits der Stilarten der späteren Zeit, insbesondere des achtzehnten Jahr- 
hunderts. Fußteppiche mit eigentlichen Renaissancemustern sind uns aus 
dem sechzehnten Jahrhundert nicht erhalten, wenn sie überhaupt vor- 
handen waren; es tritt statt ihrer der Orient ein, der auch das vornehme 
und reiche Patrizierhaus der Renaissanceepoche mit Teppichen und Decken 
versah. Es finden sich daher zahlreiche größere und kleinere französische 
Gewebe dieser Art auf der Ausstellung. Zur Bekleidung der Wände, 
wenn wir von den wenig interessanten Papiertapeten absehen, sind in 
auffallender Weise zahlreich gobelinsartige Gewebe vorhanden, und zwar 
nicht allein für die Renaissancegemächer, sondern auch für diejenigen in 
Art des achtzehnten Jahrhunderts. Es scheint fast, als ob die vornehme 
Liebhaberei an alten Gobelins diesen kostbaren Zweig der Kunstindustrie, 
der bisher fast einzig im staatlichen Betriebe bestand, zu neuem Leben 
auch in der Privatindustrie wiedererweckt hat. 
Demgemäß scheiden sich diese modernen französischen Gobelins 
ebenfalls in zwei Richtungen. Die einen mit dunkler und kräftiger Fär- 
bung halten sich im Stil der alten Arbeiten von Arras und Brüssel und
	        
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