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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 12)

eine Anzahl monngraphischer Arbeiten aus dem Kreise der österreichischen Barocke er- 
schien, so ist wohl das Lockende, welches im Bearbeiten des fast noch unberührten Bodens 
liegt, die Veranlassung. Auf Pazaurelfs Screta, worüber wir hier vor Kurzem gesprochen 
haben, folgte rasch die vorliegende Biographie des bedeutenden Bildnissmalers Kupetzky. 
Der Verfasser, ein junger Ungar, hat schon mit seinem im wissenschaftlichen Club gehal- 
tenen Vortrag über diesen Gegenstand einen guten Erfolg gehabt; das fertige Büchlein wird 
Jedem lieb sein, der von dem merkwürdigen Meister genauere und richtigere Nachrichten 
verlangt, als sie die alte Literatur bietet. Der Verfasser hat sich in Archiven und Amts- 
registraturen, in Sammlungen und Bibliotheken Ungarns, Deutschlands und Oeaterreichs 
redliche Mühe gegeben, um correcteres Material über den Künstler und seine Arbeiten 
zu beschalfen. Besonders dankenswerth scheint es uns, dass durch eine gründliche Er- 
örterung über die Religinnssecte der Böhmischen Brüder, welcher der Maler angehürte, 
endlich sein Bezug zu dieser seltsamen Gemeinde klargelegt und damit manche Eigen- 
thümlichkeiten seines Charakters als Mensch begreiflich gemacht wurden. Nicht völlig 
deutlich ist uns dagegen, trotz NyarPs Bemühungen, die Sachlage in Beziehung auf das 
von Zsilinszky publicirte, angeblich von Kupetzky herrührende Briefmaterial, wonach 
dessen Verhaltniss zu seinem ersten Lehrer, dern Maler Klaus von Luzern, auf ganz 
andere Weise an's Licht tritt, als Nyari mittheilt - welche Ueberlieferungen der Ver- 
fasser apokryph nennt. lch erkenne seine Bedenken gern an - aber, wie kam Zsilinszlty 
zu jenen Fälschungen? Wer fabricirte sie und aus welchem Grunde? - Das wünschte 
der Leser sehr natürlich zu wissen. Außerordentlich sorgsam ist der Katalog der Werke 
zusammengestellt und die biographischen Angaben zeugen von bemerkenswerthem Fleiße 
und glücklicher Forschergabe. Den allgemein historischen Rahmen um das Bild des 
Künstlers hat der Autor ebenfalls mit vielem Eifer auszubilden gesucht, namentlich sind 
die Schilderungen der Beziehungen Kupetzky's zu Fürst Franz Riikdczy, sowie zu Czar 
Peter dem Großen sehr gelungen, weniger diejenige seiner Stellung inmitten der blühen- 
den Kunst des damaligen Wien. Hier begnügt sich das Buch damit, im Texte die Namen 
der liervorragendsten Fachgenossen des Künstlers in der Kaiserstadt anzuführen, und in 
den Fußnoten dann von jedem derselben eine gedrängt: biographische Anmerkung zu 
geben, was ein verfehltes Verfahren war und die sonst historisch correcte Arbeit unnö- 
thigerweise mit lrrthümern belud. Denn da der neueste Biograph Kupetzky'a begreif- 
licherweise nicht gleichzeitig ebenso eingehende Studien über Rottmayr und Bellucci, 
Auerbach und Hamilton, Schuppen und Gran etc. etc. machen konnte, sondern die kleinen 
Biographien dieser Zeitgenossen seines Helden einfach Nagler, Wurzbach und ahnlichen 
Büchern entnahm, so steckt es da natürlich voll falscher Daten. - Wir wollen nicht 
splitterrichten, umsoweniger als uns Nyirfs Arbeit in der Hauptsache werthvoll scheint, 
- nur als Probe sei z. B. bemerkt, dass der Maler Peter Freiherr v. Strudel auch Bild- 
hauer und Ingenieur genannt wird, wahrend sein Bruder Paul das Erstere und sein zweiter 
Bruder Dominik das Letztere waren, und nicht er - welche beide aber der Verfasser 
nicht zu kennen scheint. Von Daniel Gran heißt es, dass er die Kuppel in der Boromai- 
kirche und die h. Elisabeth in der Karlsltirche gemalt habe; es ist das indess eine und 
dieselbe Kirche, deren Kuppelfresken aber das letzte Werk Rottmayfs - nicht Gran's - 
sind. Paul Troger, der zur Zeit, als Kupetzky nach Wien kam, nach Nyiiri mJahre i7oi, 
erst drei Jahre alt war, selber aber gar erst um 1730 dahin kam, hatte hier gar nicht 
erwähnt werden müssen; auch M. A. Unterberger, Jannek, die Brand, Aigen, Donner etc. 
sind viel zu jung zu dieser Zusammenstellung. Dagegen waren neben Kupetzky, zu 
dessen Zeit die Maler M. Altomonte, Carlo Carlone, Chiarini, L. Dorigny, Beduzzi, 
Franceschini, Lanzani etc. am damaligen Wiener Kunsthimmel mit Recht aufzuführen 
gewesen. Ein lebendiges Gemälde von dem Kunstschaßen und -treiben jener Zeit und 
jenes Ortes vermogen solche biographische Notizen übrigens, auch wenn sie richtig waren, 
doch nicht zu geben. Uebrigens wollen wir deswegen mit dem Autor nicht allzu streng 
in's Gericht gehen. Er hat seinen Kupetzky als Ungar geschrieben, von dem wir nicht 
eine genaue Kenntniss der Wiener Barocke fordern; wo sein Buch auf ungarische Ver- 
haltnisse des Geschichts- und Kunstlebens zu sprechen kommt, ist es von wissenschaft- 
licher Gediegenheit und uns darum besonders werthvoll, weil es objectiv vorgeht und 
seinen Helden, der in dem deutschen Posing von böhmischen Eltern geboren wurde, 
keineswegs etwa deswegen, weil er später ein berühmter Mann wurde, als magyarischen 
Rembrandt ausposaunt. Ich mochte das schone Talent und den ehrlichen Fleiß Nyari's 
überhaupt seinen geehrten Herren Landsleuten in Budapest warmstens empfehlen; sie 
haben da drüben nicht Viele, die sie ihrn in dieser Beziehung an die Seite setzen konnten 
und welche ihre traurig darniederliegende vaterlandische Kunstgeschichts-Literatur ein 
Bischen auf die Beine zu bringen im Stande wären. - Nach solchem wohlverdienten 
Lob vermag ich aber dem Autor noch eine Bemangelung leider nicht zu ersparen. Betreifs 
des Barocltstiles in der Malerei, von welchem sich nach seiner Schilderung Kupetzky im 
Verlaufe seines Lebens zur Rembrandtkchen Richtung wendete, ist er im Irrthum, steht 
er auf einem veralteten Standpunkte. Wenn er von den Italienern spricht, welche Kupetzky
	        
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