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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 10)

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Bilderinschriften etc. mit Vorliebe vCaroli Quinti üliusc genannt zu 
werden pflegte. Doch stellte sich dieser Lesung des Namenszuges die 
interessante Thatsache entgegen, dass sich im königl. Kunstgewerbe- 
Museum zu Berlin außer einem dem Wiener StoEe völlig identischen 
Muster auch noch ein zweites Exemplar des vorliegenden Silberbrocates 
vorfindet, auf welchem nur das nPhilippusu-Monogramm eingewebt er- 
scheint, während der Raum, der in unserem und dem einen der Berliner 
Stoffe das wCarolusu-Monogramm enthält, durch Brochirung der Fäden 
leer belassen ista). Diese gewiss unschön wirkende Aenderung kann 
nicht anders denn als Nothbehelf gedeutet werden, dessen man sich be- 
diente, bis mittelst einer neu anzufertigenden Patrone, beziehungsweise 
einer entsprechenden Veränderung der ursprünglichen Patrone das un- 
platzmäßig gewordene wCarolusu-Monogramm durch ein anderes, wohl 
ein zweites nPhilippusu-Monogramtn, ersetzt wurde. Nachdem nun für 
Philipp lI. die Bezeichnung xCaroli filiusc ihre Richtigkeit nicht ver- 
lieren konnte, und demgemäß eine plötzliche Elimination des diese Be- 
zeichnung darstellenden Monogrammes zu Lebzeiten Philipp lI. niemals 
nothwendig werden konnte, nachdem ferner gewiss nicht anzunehmen 
ist, dass die Patrone unseres Stoffes auch noch in der Regierungszeit 
Philipp llI. - auf den allerdings die Bezeichnung v-Caroli filius- nicht ge- 
passt hätte - Verwendung gefunden habe, so bleibt für die Auslegung des 
fraglichen Monograrnmes keine andere Lesung übrig als die nachstehende: 
 R0  ßßä, d. h. nCAROL(us) mpisrunoiqw). 
P. Fidel Fita in Madrid ist der Ansicht, dass die Entstehung 
unseres Stoffes, der, wie die nur durch das streng geregelte Ceremoniell 
des spanischen Hofes erklärliche, plötzliche Tilgung des wCarolusu- 
Monogrammes zu bestätigen scheint, zu Gewändern von Hofchargen 
u. dgL. eventuell auch zu Kistenbezügen etc. gedient haben dürfte"), 
in das Jahr 1555 zu setzen sei, in welchem Jahre Carl V. einen Theil 
seiner Länder (die Niederlande und die italienischen Besitzungen) an 
Philipp abtrat, und dass die Tilgung des Namenszuges Carl V. in dem 
darauf folgenden Jahre erfolgt sei, in dem der Kaiser die spanische und 
5) Die Mittheilung dieser Thntssehe sowie der nus derselben sich ergebenden Fol- 
gerungen verdanke ich der nusnchmenden Güte des Herrn Professors Dr. J. Lessing in 
Berlin, dem ich hiemit lfür dieselbe meinen ergebensten Dnnk ausspreche. 
9) Die erbetene Bestltigung der Richtigkeit dieser Lesung seitens des konigl. SPI- 
nischen Archive ernldico konnte ich leider nicht erzielen, du der Vorstand dieses Amtes 
für seine diesbezügliche Mühewaltung die Summe von - 500 Francs furJcrtc! Doch 
erhielt ich eine gewiss gleich verlässliche Bestatigung SCllrhS eines der grundlichsten 
Kenner splnischer Geschichte und Kunstgeschichte, des hochw Padre Fidel Fiu 
in Mndrid. 
W) Für die Verwendung unseres Brocntes als Tnpetenstofs dürfte das Dessin zu 
klein gewesen sein, und In eine Verwerthung als KleiderstoE für den König oder eine 
Dsrne der kgl. Familie ist wohl sngesichts des doppelten Monogrsmms nicht zu denken-
	        
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