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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 12
Bibliophilie.
(Die erste H o I b e i n - B i be 1.) Der neueste Katalog
der Firma Josef Baer & Co. in Frankfurt a. M. verzeichnet
ein Buch von größter Seltenheit: die erste Ausgabe der Hol
bein-Bibel, in der wahrscheinlich die berühmten Bibel
holzschnitte Holbeins zuerst verwendet worden sind. Dieses
Buch enthält jedenfalls zum erstenmal die komplette Serie,
da der »Sündenfall« sich nicht in. dem im selben Jahre, eben
falls ohne Tagesdatum erschienenen »Historiarum veteris In
strument Icones« findet. Außerdem enthält auch die Bibel »Die
Schöpfung aller Ding« aus dem Totentanz. Das Exemplar ist
mit 800 Mark angeschrieben.
(Die erste Ausgabe des »Don Quixote«.)
Beim Verkauf der zweiten Abteilung der Bibliothek Huth,
der bei Sotheby in London stattfand, brachten die zwei
Bände der ersten Ausgabe von Cervantes »D o n
Quixote« die Summe von 29.200 Mark.
(Eine S t e i n b i b 1 i o t h e k.) Daß die alten Assyrer
Tontafelbibliotheken besessen haben, ist wohl allgemein be
kannt;, weniger verbreitet jedoch dürfte die Kenntnis von einer
Steinbibliothek in China sein. Es ist eine -öffentliche Bibliothek
in Peking; sie bildet einen Teil der Kuo Tze Tschien, das
heißt, der »Schule der Söhne des Himmlischen Reiches«, einer
alten Universität, die schon tausend Jahre vor unserer Zeit
rechnung bestand. Auf 182 Steintäfelchen sind dort die
»13 chinesischen Klassiker« eingezeichnet, die das Gesamt
wissen und die Kultur Chinas darstellen. Die Schule ist
übrigens auch dadurch bekannt, daß in ihrer Aula alljährlich
dem Herrscher des Himmlischen Reiches von den Gelehrten
eine Vorlesung über die Bedeutung und die Verantwortlichkeit
seines Amtes gehalten wurde; die Weisen sollen es dabei an
scharfen Ermahnungen und Verweisen nicht haben fehlen
lassen. Die Steinbibliothek in Peking ist übrigens nur eine
Nachahmung einer älteren in S i a n f u (in der Provinz
Tshensi), der alten Hauptstadt des Reiches.
Handschriften.
(Eine ungedruckte Solo-Kantate von Joh.
S e b. Bach.) In dem soeben erscheinenden Bach-Jahrbuch
veröffentlicht Dr. Werner Wolffheim. (Berlin) Mitteilungen
über eine bisher ungedruckte Bachsche Kantate »Mein Herze
schwimmt in Blut« für Solosopran, Oboe, zwei Violinen, Viola
und Kontinuo. Hinweise auf dieses Werk waren schon in dem
1790 erschienenen »Verzeichnis des musikalischen Nachlasses
des verstorbenen Kapellmeisters Karl Philipp Emanuel Bach«
sowie noch früher in dem 1770 veröffentlichten »Verzeichnis
musikalischer Werke« von Bernhard Christoph Breitkopf und
Sohn gegeben. Merkwürdigerweise haben die Herausgeber der
Gesamtausgabe (außer dem vorzeitig ausgeschiedenen Wil
helm Rust) und auch der Bach-Biograph Philipp Spitta nicht
nur diese Hinweise, sondern auch die von D. H. Bitter hervor
gehobene Tatsache übersehen, daß die Stimmen zu der Kan
tate seit langem zu dem alten Bestände der Musiksammlung
der königlichen Bibliothek in Berlin gehören. Ließ sich schon
aus diesem Material ein Bild von Art und Wesen der Kantate
gewinnen, obwohl die Singstimme zu zwei Arien und der ganze
Text darin fehlt, so ist es jetzt Herrn D. A. Martienßeu
(Berlin) gelungen, in der Königlichen Bibliothek zu Kopen
hagen die vollständige autographe Partitur der Komposi
tion aufzufinden, die aus dem Nachlasse Philipp Emanuel
Bachs dorthin gelangt ist. Die Kantate beginnt ohne Instru
mentaleinleitung mit einem Rezitativ (»Mein Herze schwimmt
in. Blut«) und einer darauf folgenden Arie (»Stumme Seufzer,
stille Klagen«) in C-moll. Es schließt sich ein zweites Rezitativ
(»Doch Gott muß mir genädig sein«) und eine Es-dur-Arie
(»Tief gebückt und voller Reue«) an, die als Hauptstüok des
Werkes zu betrachten ist. Der zweite Teil der Kantate ent
hält einen Choräle con Viola obligato in F-dur und endet mit
einer gigueartigen B-dur-Arie (»Wie freudig ist mein Herz«),
die Bach, wie aus dem Vergleich des Stimmateriales mit der
Partitur hervorgeht, nicht weniger als viermal umgearbeitet
hat. Ueber den Ursprung des Kantatentextes, der sich in den
von Bach bevorzugten Sammlungen nicht findet, hat sich noch
nichts ermitteln lassen. Als Datum der Komposition glaubt
Wolffheim auf Grund stilistischer Merkmale das Jahr 1714 an-
nehmen zu ^dürfen. Das Werk, das auch insofern besonders be
achtenswert ist, als man von Bach bisher nur drei geistliche
Kantaten für Solosopran kannte, soll demnächst vollständig
veröffentlicht werden.
Numismatik.
(M ünzfunde.) In Laibach wurden am 25. v. M.
im Garten der Realitätenbesitzerin Agnes M e z i k Gold
münzen der ungarischen Könige Siegmund, Ladislaus und
Matthias Corvinus gefunden. — Nach einem Berichte der
»Osteroder Zeitung« fand am 26. v. M. der Grundbesitzer Fr.
Wien in Sonnlack 400 dünne Silbermünzen. — Nach einer
Mitteilung des »Temps« in Paris wurde beim Bombardement
von Mokka durch die Italiener ein altes arabisches Gebäude
zerstört, wobei ein Schatz von abyssinischen Goldmünzen so
wie schwere, mit Schrift versehene Goldbarren bloßgeiegt
wurden.
(Das Jubiläum der Lemberger Universität.)
Aus Anlaß des 250jährigen Jubiläums der Leniberger Uni
versität hat Professor Thaddäus Blotnicki eine Medaille
geprägt, die wir hier nach einer uns zur Verfügung gestellten
Photographie reproduzieren (Fig. 6). Das Bild zeigt den Wasa-
Fig. 6. Blotnicki. Gedenkmedaille.
sprößling König Johann Kasimir, der 1662 dem schon
seit 1608 bestandenen Jesuitenkollegium den Namen und Cha
rakter einer Universität verlieh. Die Umschrift lautet:
»JOANNES CASIMIRVS D. G. REX POLONIAE M. D. LIT.
ROS. PR VS etc., FVNDATOR ACADEM1AE LEOPOLIENSIS
S. J.«