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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 6)

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weit hinausgegangen, indem man sich in verschiedenartig abgestuften 
oder gezackten Zickzack- und Rautenfiguren zu ergehen weiß. Während 
die einfachen Streifen in Zaloäce untereinander sämmtlich gleich, d. h. 
sämmtlich sehr schmal sind, begegnen wir in Touste bereits der Hervor- 
hebung eines mittleren Streifens, sowohl durch die größere Breite als 
durch das bedeutsamere Muster, sowie zweier seitlicher Streifen, zwischen 
denen dann eine ganze Anzahl schmaler Säume läuft. Zwischen beiden 
Hälften der Kilirus herrscht vollständige augenfällige Symmetrie. Die Ein- 
führung einer um die Langseiten umlaufenden Bordüre ist an diesen Bei- 
spielen bezeichnenderrnaßen nicht nachzuweisen; wo sie sich zu Touste 
findet, dort begegnen uns noch andere fremdartige Dinge, die auf späte 
Entstehung und auf Beeinflussung von Seite der internationalen Kunst 
schließen lassen. 
Touste ist aber zugleich der Centralpunkt für eine bestimmte 
Gattung von Teppichmustern, die wir auf kaukasischen Knüpfteppichen 
häufig zu sehen gewohnt sind. Scheint hierin nicht eine Bestätigung für 
jene alte Lieblingsmeinung vorzuliegen, wonach die ruthenische Teppich- 
production erst "in neuerer Zeit aus dem Orient importirt worden sein 
soll? Die kaukasische Herkunft möchte auch ich den betreffenden Mustern 
nicht bestreiten; das hat aber noch lange nicht zur Folge, dass die ganze 
podolische Productiun auf kaukasische Wurzel zurückgeht. Die Muster 
sind an den betreffenden Kilims durchaus nicht nach dem an kauka- 
sischen Knüpfteppichen üblichen Schema verwerthet, sondern in das oben 
beschriebene Streifensystem mit Geschick hineincomponirt. DerVorgang 
lässt sich auf ganz natürliche Weise erklären, ohne dass man dem öst- 
lichen Einfluss mehr einzuräumen braucht, als die Vermittlung eines 
oder mehrerer als verwendbar und gefällig befundenen Muster. In Satanow 
auf russisch-podolischem Boden hat man mir unter Anderem einen nur 
mehr noch in Fetzen erhaltenen Knüpfteppich zum Kaufe angeboten, 
der mit einigen von den in Rede stehenden kaukasischen Mustern ver- 
ziert war. Neuere Knüpfteppiche von derselben unverkennbaren tech- 
nischen Beschaffenheit, nämlich etwas schütter geknüpft und kurz ge- 
schoren, werden von den russisch-pudolischen Bauern heute noch auf 
den Jahrmärkten von Jarmolince und Balta gekauft, wohin sie wiederum 
von Händlern angeblich aus dem Südosten Russlands gebracht werden. 
Aehnliche Auskunft ward mir zu Kamenec Podolsk zu Theil. Der Finger- 
zeig ist meines Erachtens deutlich genug. Ein alter Handelsverkehr 
brachte die betreffenden Muster auf Knüpfteppichen nach Russisch- 
Podolien, und die Wirker von Touste haben dieselben in geschickter 
und entsprechender Weise auf ihre Kilims übertragen, indem sie die- 
selben in ihr traditionelles Streifen-Musterungsschema hineincomponirteu. 
Eines der erwähnten Muster, vermuthlich kaukasischer Abkunft, 
wurde in den letzten Jahrzehnten bis auf den heutigen Tag im Dorfe 
Alt-Zbaraz gearbeitet; die Kirchen der Stadt Zbaraz enthalten auf den
	        
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