Personification der Liebe, welche ihm
ein bedeutungsvolles Zeichen über
das Geschehende gibt. Der Rahmen,
den Rossetti, wie er das bei seinen
bedeutenderen Bildern immer that,
selbst zeichnete, trägt die Worte aus
Jeremias, welche _Dante in der Vita
nuova citirt, als er beschreibt, wie die
Stadt öde und leer wurde, nachdem
Beatrices Geist aus ihr entwichen war:
„Quomodo sedet sola civitas". Rossetti
befand sich völlig in der untröstlichen
Lage, wie sie Dante von sichbeschreibt,
und seine Liebe war so heiss und hoch-
wallend, dass ihm das Bild der Ge-
liebten von da an, wie das der Dante'-
schen Beatrice, nur als verklärte Hei-
lige erscheinen konnte. Dieses Bild,
E. Lachenal. „Bianca Capella", Fayence, modellin mit elnlguen anderen i darunfer
von H. Daillion dem vorerwahnten „Ecce Ancilla
Domini" - in der Tate-Gallery in
London hängt, ist zu einer ungeheueren Volksthümlichkeit in England
gelangt. Man kann sagen, dass es zum I-Iausrath jeder Familie gehört '
und in die kleinste Hütte gedrungen ist. I-Iiezu mag zunächst der dem
englischen Wesen entgegenkommende schmachtende Zug beigetragen haben.
Aber der grosse Adel, der in dem Bilde liegt, die Stimmung und Gedanken-
tiefe erheben es doch in die höchsten künstlerischen Sphären, so dass seine
Volksthümlichkeit wirklich ein Gewinn einziger Art ist.
In den zwanzig Jahren, die nun folgen, hat Rossetti die Mehrzahl seiner
Werke und, wenn auch nicht seine frischesten, so doch seine reifsten Gemälde
geschaffen. Ihr Inhalt dreht sich um das schöne, durch ihre Reize berauschende
Weib oder bewegt sich im Gedankenkreise der Dante'schen Dichtungen.
„Lady Lilit ", „Venus verticordia", „The Beloved", „Monna Vanna", „Sibylla
Palmifera", „The loving cup" (Abb. S. 381), „Aurea Catena", „Mariana",
„Veronica Veronese", „La Ghirlandata", „Proserpine", „The blessed
Damozel", „Astarte Syriaca", „The Day Dream" sind die hervorragendsten
der ersteren Art, während das der zweiten Art angehörende, in der Gemälde-
galerie in Liverpool hängende Bild „Dantes Traum" (Abb. S. 384) nicht nur
der Grösse nach sein bedeutendstes Werk, sondern auch in Bezug auf seinen
Inhalt und seine künstlerische Vollendung mit Recht als das Werk ange-
sprochen wird, in welchem er den Gipfel seines Schaffens erreichte. Er selbst
hielt es für seinen künstlerischen Tribut an die Nachwelt, nach welchem
diese ihn beurtheilen sollte. Die Entstehung fällt in die Jahre 1870 und X871,
wo der anfangs Vierziger auch insofern auf der Höhe seines Ruhmes stand,