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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 5)

deru vorletzten Jahrtausend vor dem Beginn unserer Zeitrechnung. An- 
dere, jüngere, nur mehr relativ-prähistorische Erzeugnisse der Industrie 
finden wir in der ersten und {weiten Eisenzeit, nach unserer mitteleuro- 
päischen Terminologie in der Hallstatt- und der La Tene-Stufe. Diese 
Perioden erstrecken sich in zunehmender räumlicher Beschränkung vom 
Anfang fast bis an das Ende des letzten vorchristlichen Jahrtausends. Das 
nordische Dreiperiodensystem findet auch auf Italien volle Anwendung; es 
ist der große Rahmen, in welchem die ältesten Thatsachen ungezwungen 
und förderlich für das vergleichende Studium ihre Stelle finden. 
Die Steinzeit zerfällt auch für Italien in eine ältere diluviale, 
paläolithische, und in eine jüngere, postdiluviale, neolithische. 
Die paläolitbischen Epochen Italiens sind noch sehr wenig 
erforscht; sie scheinen aber mit denen anderer Länder nicht überein 
zu stimmen. In Frankreich hat bekanntlich Gabriel de Mortillet zu- 
nächst für Frankreich, aber mit der Prätension der Giltigkeit für ganz 
Europa und womöglich für die ganze Erde, ein scharfsinniges System 
der diluvialen Culturperioden aufgestellt. Er verwarf die paläontologische 
Eintheilung nach Faunen und stellte eine solche nach menschlichen In- 
dustrieproducten auf. Dieses für Frankreich selbst nicht unbestrittene 
Schema lässt sich, wie die italienischen Prähistoriker gezeigt haben, auf 
Italien nicht anwenden, und das erscheint sehr natürlich. Wilde Stämme, 
weit von anderen ansässig, mit anderer Fauna (Italien kannte z. B. das 
Renthier nicht), anderer Flora, anderem Werkzeugmaterial werden zur 
selben Zeit auch andere Sitten, Geräthe und Waffen gehabt haben. 
Im Ganzen ist Italien arm an paläolithischen oder, wie man dort 
sagt, rarchäolithischenu Funden. Am frühesten bekannt wurden die 
bearbeiteten Feuersteine im quatcrnären Flusskies des Tiber und des 
Anio in der römischen Campagna, wo sie mit Resten erloschener 
Thierspecies zusammen vorkommen. Sie scheinen aus dem Quellgehiet 
der genannten Flüsse herabgeschwemmt zu sein. - Am meisten Beachtung 
verdienen die Entdeckungen des Giovanni Bellucci in Umbrien. Sie 
betretTen circa ioo Stück mandelfürmiger Feuersteinbeile meist aus 
sicher diluvialen Schichten, welchen circa 20.000 anders geformte Stein- 
Werkzeuge aus jüngeren Schichten Umbrien's gegenüberstehen. Jene 
mandelförmigen, blos mit groben Schlägen zugehauenen Werkzeuge sind 
in Frankreich charakteristisch für die älteste diluviale Culturstufe, das 
sogenannte uChelleenß de Mortilleüs. Sie dienten, je nach den Umständen, 
als Aexte, Schaber, Sägen, Bohrer, Meißel, Pfriemen u. s. w., namentlich 
auch zur Herstellung anderer, hölzerner Waffen und Werkzeuge, und 
waren nach Mortillet und Bellucci nie geschäftet, sondern wurden in der 
freien Hand geführt. 
In der jüngeren Steinzeit lebten die Bewohner Italiens theils 
in Höhlen, theils in halb unterirdischen Erdhütten, theils in Seedörfern, 
d. h. Ifahlbazaten. Die Troglodyten und die erdaufwlihlenden Hütten-
	        
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