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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 5)

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zurückgedrängt worden seien. Chierici rechnet die Ligurer zum iberischen 
Stamme, dem er auch die Höhlenbewohner und Höhlenbestatter Siciliens, 
die Siculer, zuzählt. 
Derselhen sehr wenig bildungsfähigen Familie gehören vielleicht 
auch die Hütten bewohner des Vibratathales in der Ahruzzenprovinz 
Teramo und in der Provinz Reggio-Emilia an. Sie legen ihre runden 
Hütten in höhlenlosen Gebieten halb unter der Erde an, in ganzen 
Dörfern und häufig gruppenweise (achter- bis rosettenförrnig), so dass 
auch die Verbindungsstellen halbe Einschnitte sind. Auch hier finden wir 
kein Metall, dagegen eine so ausgedehnte Feucrsteinbenützung, dass z. B. 
eine einzige Hütte bei Campeggine in der Provinz Reggio m86 Objecte 
aus diesem Culturrnineral enthielt. Eine Spezialität der fondi di capanne 
bilden die rhombischen Feuersteinklingen mit zwei scharfen und zwei 
retouchirten Kanten. Sie wurden nach Chierici's Vermuthung, wie bei 
den alten Mexikanern und einigen Inselstämmen der Siidsee, als schnei- 
dende Flügel seitlich in die Lanzenschäfte eingesetzt und festgekittet 
oder festgebunden. Wie in den Höhlen Liguriens bediente man sich 
thönerner Stempel zur Körperbemalung. Die Keramik ist von be- 
merkenswerther Feinheit und verdient hinsichtlich der Leichtigkeit und 
Glätte sogar den Preis vor der Topfwaare der jüngeren, bereits indo- 
germanischen Terramaren. 
Die Pfahlbauten der Apenninhalbinsel beschränken sich auf Ober- 
italien, d. h. auf das südliche Voralpengebiet und die angrenzende große 
Poebene. Sie zerfallen in eine westliche und eine östliche Gruppe. Die 
erstere umfasst Piemont und die Lombardei, die letztere Venetien und die 
Emilia. Die westlichen Pfahlbauten sind viel metallärmer und gehören 
zum Theile der reinen Steinzeit an. Hierin drückt sich die Thatsache 
aus, dass das erste Metall, die Bronze, den europäischen Völkern von 
Osten zugebracht wurde. Aber auch in jeder anderen Beziehung ist die 
östliche Region die entwicklungsreichere. Hier haben drei der historisch 
wichtigsten Siidvölker Europas ihren Einzug in Italien gehalten. Zwei davon 
haben sich weiter nach Süden hin ausgedehnt und dort nacheinander im 
Alterthum die höchste Bedeutung gewonnen. Es sind dies die ltaliker und 
die Etrusker. Das dritte und jüngste ist in der Osthälfte Oberitaliens 
sesshaft geblieben, spielt im Alterthum nur eine Nebenrolle und blüht 
dafür im Mittelalter großartig empor. Dieses Volk sind die ursprünglich 
illyrischen Veneter. lm Westen sind zu den armseligen Ligurern lediglich 
die Kelten gestoßen, anfangs vielleicht nur aus der Westschweiz, später 
sicher aus Gallien. Sie haben, wenigstens um 400 v. Chn, auch die 
instinctive Tendenz gezeigt, es den Etruskern und ltalikern gleichzuthun, 
von Oberitalien aus die Halbinsel zu unterwerfen und sich zu einer 
historischen Größe ersten Ranges aufzuschwingen. Aber die Zeit und 
andere Umstände waren ihnen nicht so günstig, wie ihren Vorläufern. 
Sie konnten nur Rom zerstören und seinen Platz vorübergehend im
	        
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