verbreiteten Abraxassteine zeigen eine wunderliche Combination thierischer
Körper. Ein besonders schöner, in Salona gefundener Abraxas zeigt einen
männlichen Thorax mit Ring (Schild?) und Peitsche, darauf sitzt ein
Hahnenkopf, das Unterende bilden zwei Schlangen statt der Füße, jede
in einen Kopf endend. Und hat ja doch in dem römischen Praetextatus-
Coemeterium ein phrygischer Mischcult seine künstlerischen Spuren hinter-
lassen und liegt gerade hinter der Apsis der Unterkirche von S. Clemente
in Rom eine berühmte Mithrasgrotte. Das war umsomehr zu fürchten,
als ja der Mithrasdienst Ceremonien und Symbole hatte, die bis zur Ver-
wechslung den christlichen ühnlich waren (Kraus, R. E., II, 401). Dem
gegenüber findet sich in den Katakombengemälden eine sehr einfache Dar-
stellung entweder historischer Vorgänge, oder aber eine moralisirende
Thiersymbolik, wie sie unphantastischer nicht gedacht werden kann. Kraus
nennt sie in der Rorna sotterranea, Seite 227: Lamm, Hase, Löwe, Taube,
Pfau, Hahn u. s. w. Nichts von den phantastischen Gestalten Ezechiels,
Daniels, nichts von den in der griechischen Uebersetzung des Jesaias sich
findenden Schreckgestalten, nichts von den Gebilden der Apokalypse,
überhaupt nichts, was an die Phantastik des Orients erinnert; nichts von
den Seraphim und Cberubim. wohlgemerkt, ich rede von der Kunst der
ersten Jahrhunderte.
Wenn die Sarkophage eine Ausnahme machen, wenn daselbst die
Phantastik sich findet: wie Amor und Psyche oder die geflügelten Ge-
stalten des Schlafes und des Todes, wenn orphische Darstellungen,
wenn die Delphine hier wirklich als Symbole der glücklichen Fahrt zu
den Inseln der Seligen zu deuten sind, ja wenn Odysseus und die
Sirenen u. A. erscheinen: so ist doch zu beachten, dass die Sarkophage
anfangs eben nur als Marktwaare gekauft und dann mit christlichen
Emblemen, Namemund lnschriften versehen wurden. Die heidnischen
Darstellungen mochte in solchen Fällen der christliche Sinnsich um-
deuten, so den Odysseus und die Sirenen. Und war man ganz und
gar auf einen prononcirt heidnischen Sarkophag angewiesen, und wollte
man von solcher Umdeutung nichts wissen, so mochte man das An-
stößige decken durch Ausfüllung mit Kalk oder durch Abmeißelung oder
wenigstens durch eine solche Aufstellung des Sarkophags an einer Wand,
dass die anstößige Bilddarstellung nicht sichtbar war (so in Monastirine-
Salona). iAber selbst als nach der Auferstehung der Kirche unter Con-
stantin sich unter den in großer Menge übertretenden Heiden gewiss
auch genug Künstler befanden, die der siegreichen Religion ihre Kräfte
widmeten, war damit noch lange nicht eine christliche Kunst geschaffen,
sondern mehr als man denken sollte, drangen heidnische Formen ein; denn
je tiefer das Christenthum sich einlebte, während das l-leidenthum hinsiechte,
um so schneller verloren die mythologischen Gebilde all' ihre Bedeutung,
ja es trat der Zeitpunkt ein, da man, ohne Gefahr des Heidenthums, ja
auch ohne Verdacht desselben, sich der liebgewordenen alten Formen