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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VIII (1893 / 12)

In den Aufregungen des 16. Jahrhunderts haben auch ausgezeichnete  
Maler, wie Baldung Grün in Basel, auf Tafelgemälden sich dieses Stoffes 
bemächtigt und ihn von der tragischen Seite beleuchtet, während Holbeini 
das ironische Element in den Vordergrund stellte. 5 
Hiernit aber stehe ich schon wieder auf einem Boden, den die Kirche 
im allgemeinen beeinflussen, aber nicht mehr als ihr Kunstgebiet be- 
anspruchen kann. Wir haben gesehen, dass die phantastischen Elemente,- 
welche in der romanischen Kunst des Mittelalters erscheinen, in der alt- 
christlichen Kunst entweder nicht vorhanden, oder in derselben als unbedeu- 
tende decorative heidnische Elemente nicht weiter beachtet wurden. Die aller- 
meisten die ser phantastischen Figuren aber sind der Antike aus dem Oriente 
zugekommen, aus Assyrien, Babylon, Persien, aus Aegypten. Als die christ- 
liche Kirche freigeworden, begannen die Darstellungen neuer Bildercyclen, 
die der biblischen, phantastischen Bilder aus Daniel, Ezechiel und der Apoka- 
lypse, es begann die Darstellung der Engel und ihrer Widerspiele, der Teufel. 
Aber erst die deutschen Völker haben die schon von den Kirchenvätern 
angezeigte Umdeutung der phantastischen Gestalten der Antike in's Kleinste 
durchgeführt, um den veredelnden Einfluss der Kirche auf die Sitten der 
Gläubigen zur Darstellung zu bringen. Die fortwährend aus dem Orient: 
eingeführten gewebten Stoffe und die orientalischen Gefäße, sowie die 
Sagen, die von daher sich verbreiteten (Syntipas, Alexandersagen,'ja 
selbst buddhistische Elemente) nährten diese Phantastik durch Anschauung  
und Erweiterung des Gedankenkreises. Diese Symbolik blieb, bis sie sich 
am Ende des 15. Jahrhunderts völlig übcrstürzte. Das Volk aber, dasr 
bald sich selbst mit Kunst beschäftigte, hat neben diesen phantastischen 
Traditionen auch seine eigene Heiterkeit und seinen Natursinn in die 
Darstellungen der Künste gebracht. Anfangs völlig ernst, später aber," 
Freude am Schaffen fühlend, von den Geistlichen nicht weiter beengt, 
hat es langsam das volle Leben, freilich nicht ohne ernste Mahnung, also 
echt humoristisch, bis in die verborgensten Winkel des-Kirchenbanes, ja 
selbst der Gebetbücher getragen und in denselben Schätze der feinsten 
Beobachtung, aber auch Schätze humorvoller Betrachtung der Natur und 
des Menschen niedergelegt. Man möchte jene naiven Zeiten um ihre tiefe 
Kunst beneiden, wenn man die moderne, geleckte uninteressante, nur' 
immer auf architektonische Aufgaben auslugende, sogenannte kirchliche 
Kunst gegen jene gedankentiefen Zeiten in Vergleich zieht. ' 
Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit . 
demselben verbundenen Institute. 
AIISZGiOhDIJIIg. Bei der Audienz am 27. v. M., in welcher die bei 
Gelegenheit des fünfundzwanzigjährigen Jubiläums der Kunstgewerbe- 
schule Allerhöchst ausgezeichneten Hofräthe J. v. Falke und J. Storck 
und die Professoren König, Minnigerode, Macht und Kühne ihren
	        
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