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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 9)

sozusagen als dessen Todesjahr zu bezeichnen. Der dröhnende Schritt der 
Napoleonischen Legionen hatte das zarte Lebewesen vernichtet, zur Illu- 
strirung pompös inscenirter Staatsactionen hatte dessen nur zu fröhlicher 
Heiterkeit bestimmte Kraft nie ausgereicht. 
Und wenn der Vollständigkeit halber noch angeführt wird, dass den 
Leistungen des Franzosen auf dem Gebiete der Tuschmanier in England 
nur die Arbeiten von Gillray, Jakes und Pollard und weniger Anderer 
nach den beliebten Sittenbildern Rowlandsons und Anderer gegenüber- 
stehen, so sind wir am Schlusse unseres Themas angekommen. 
Es sei nur noch erlaubt, die Ergebnisse unserer Betrachtung über 
die Entwickelung des farbigen Stiches innerhalb 80 Jahren in einigen 
Schlagworten zusammenzufassen: Als erste der einschlägigen Techniken 
erschien das Le Blon'sche Verfahren mit dem Ueberdruck farbiger Schab- 
kunstplatten. Le Blon und seine Schüler scheiterten an dem zu hohen 
Ziele, das sie sich gesteckt hatten, wirkliche Oelgemälde zu imitiren, und 
ihre Leistungen haben für uns heute nur historisches Interesse, zumeist 
ohne auf Schönheit Anspruch zu erheben '). Die Erfolge der zweiten und 
dritten Manier, der Crayon- und Punktirmanier, sind wesentlich der weisen 
Mäßigung zuzuschreiben, mit der sich ihre Meister auf die Nachahmung 
der geschumerten Rothstift- oder Pastellzeichnungen beschränkten. Die 
höchste Stufe der Vollkommenheit, bei verhältnissmäßig raschester 
Arbeit, erreichte jedoch die vierte, die Aquatinta- oder Tuschmanier, 
besonders dort, wo sie sich trotz aller vorgeschrittenen technischen Hilfs- 
mittel mit der Wiedergabe von Aquarellzeichnungen begnügte. "In der 
Beschränkung zeigt sich erst der Meister-z, das hat sich auch hier wieder 
trefflich bewährt und es braucht das Bestechende und Gewinnende der 
getuschten Farbenstiche gar nicht weiter angepriesen zu werden, da deren 
Ausstellung selber in beredtester Weise spricht. Bei den Feinschmeckern 
unter den Kupferstichsammlern haben dieselben Blätter, welche eine Zeit 
lang fast als Dlitenpapier verwendet wurden, schon längst wieder die 
höchste Werthschätzung gefunden, sogar eine Werthschätzung, welche 
mit ihren riesigen Summen die Grenze des Verntlnftigen weit über- 
schreitet. Wenn bei den wahnsinnigen Preisen einzelner dieser Blätter 
die Pikanterie ihrer Darstellungen gewiss keine kleine Rolle spielt, so 
ist andererseits aber auch zu betonen, dass die farbigen Stiche mit ihren 
zarten Rococofarben sich entschieden ganz ausgezeichnet in das Ensemble 
von Tapeten, Fauteuils und Tischchen mit hundert feinen Nippsachen 
der modernen Boudoirs und Salons einpassen, deren Stil ja heut- 
zutage wieder mit dem Rococo bis zum Empire hinein coquettirt. Wenn 
vielleicht mit Recht behauptet wurde, dass unsere modernste Gesellschaft 
') Besonders dort, wo die Farbe ganz eingeschlagen ist. Bllner. welche von Alters 
her gleich Oelgernllden gefirnissx wurden, können noch heute der Wirkung von eigent- 
lichen Gemälden unstreitig ziemlich nahe stehen. Vergl. Prinz Georg von Hannover.
	        
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