MITTHEILUN GEN
DES
K. K. OESTERREICH. MUSEUMS
KUNST UND INDUSTRIE.
Monatschrift für Kunstgewerbe.
Herausgegeben und redigirt durch die Direction des k. k. Oesterr. Museums.
lm Commissionsverlug von Carl Gerohfs Sohn in Wien.
Abonnementspreis per Jahr H. 4.7
Nr. s1.'(32}{)i.iii vöuau, September 1892. N. F. VII. Jahrg.
Inhalt: Ein Besuch bei Theaphilru. Von Haus lhchl. - Die Wiener Frnucnarbeilen suf der Pariser
Ausuellung. - Die farbigen Kupferiliche des 18. Jnhrhuuderts. Von Ed. Chmeluz. (Schluss)
- Angelegenhcileu des Oesxerr. Museums und der mit demselben verbundenen Institute. -
limenlurbericlnl. - Bibliugnphie de! Kunnguverben. - Notizen.
Ein Besuch bei Theophilus.
Von Hans Macht. "
Dem alten treuherzigen Freunde soll heute die Zeit eines kurzen
Ausfluges gewidmet sein; wir wollen ihn heute besuchen, ihn, zu dessen
Schwelle sich vor etwa einem halben Menschenaller oft die Leute drängten,
der aber nunmehr von gar Vielen vergessen ist. Bei ihm hoffte man
Geheimnisse zu erfahren, die Nutzen bringen sollten, gleich dem Steine
der Weisen. Er, der fast mit allen Kunstverfahren seiner Zeit Vertraute,
sollte vVortheile-t aufdecken, um bei der Erzeugung moderner Arbeiten
die Mühe zu verringern oder um zur Herstellung eines "ganz neuem
Massenarlikels den bequemen Weg zu zeigen. Ueber die verschiedensten
Kunstproducte vergangener Jahrhunderte sollte Theophilus technologische
Erklärungen geben u. s. w.
Dass Forderungen solcher Art zu argen Enttäuschungen führen
mussten, liegt für Jedermann, der das Wesen der Schedula kennt, klar
zu Tage - das Begehrte konnte eben nicht gefunden werden. Umgekehrt
wird auch bei dem Standpunkte unseres modernen Kunstgewerbewesens
erltlärlich, dass die Behelfe mittelalterlicher Technik, mit welchen der
Priester-Künstler in eifriger, hingebungsvoller Liebe die Schätze seiner
Gebilde schuf, bei unseren kunstbeflissenen Zeitgenossen, die es ja doch
vso herrlich weit gebrachte, keine ungeschrnälerte Würdigung finden
Jahrg. 1891. ll