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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1892 / 9)

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können. Wer doch in einer der Entstehung der Schedula offenbar sehr 
naheliegenden Zeit noch viel Schlimmeres möglich'). 
Angesichts des gewaltigen Apparates technischer Hilfsmittel, über 
welchen die Gegenwart verfügt, steht man der Kunde von den überaus 
einfachen Werkweisen vergangener Epochen verständnisslos, oft auch 
skeptisch gegenüber. Die Pietät, welche bei den Kunstübungen der 
Klosterwerkstätte keine Mühe zu groß erscheinen ließ, wurde nur das 
Werk so vollkommen als möglich, wird heute nicht mehr begriffen. 
Selten spricht das Gemüth noch mit, wenn es sich um die Schaffung 
eines künstlerisch auszustattenden Objectes handelt; selbstverständlich 
immer seltener, je mehr Hände in Folge des Principes der Arbeitstheilung 
die in wesenlose Partikel zerlegte Aufgabe zur Lösung zu bringen haben. 
Unsere Zeit ist arm geworden an Eifer, nachdem nur selten ein ideales, 
des Strebens werthes Ziel dem Thätigen winkt. 
Unter so bewandten Verhältnissen mag es angezeigt, sicher aber 
entschuldbar sein, wenn von Zeit zu Zeit der Versuch gemacht wird, 
die Erinnerung an eine herrliche, von Begeisterung geleitete Kunstepoche 
wieder aufzufrischen, in welche uns die Schedula Einblick gewährt, wenn 
anders wir das Auge nur nicht geflissentlich abwenden wollen. Ein 
solcher Versuch erscheint wohl um so gerechtfertigter, als die Schedula 
oft falsch, oft auch gar nicht verstanden wurde, trotz der Klärungen, 
welche wir hier der Kunstwissenschaft seit Lessing zu verdanken haben. 
Ein besonderes Gebiet, näherer Durchforschung und Bearbeitung 
wohl werth, zeigt sich uns in der Bestimmung der Stileigenthümlich- 
keiten, der Gestaltungsprincipien jener Arbeiten, zu deren Vornahme uns 
Theophilus so gewissenhafte Anleitung gibt. Eine möglichst bestimmte 
Feststellung der typischen Erscheinung des uns von Theophilus Gezeigten 
ist gewiss eben so wichtig als die genaue Kenntniss der technichen Behelfe, 
welche übrigens, als mit den artistischen Forderungen in unzertrennlichen 
Contact stehend, auch bei den scheinbar nur aesthetisch wichtigen Be- 
trachtungen nicht außer Acht gelassen werden können. Eines ergänzt 
hier das Andere. 
Von dem eben angedeuteten Standpunkte aus soll zunächst auf 
einiges hauptsächlich mit der Goldschmiedekunst Zusammenhängende 
hingewiesen werden. Auch dieses aus der Fülle des Vorhandenen Heraus- 
gehobene kann hier nur] in Kürze berührt und mehrere auf dasselbe 
bezughabende wichtig scheinende Thatsachen angedeutet werden. Einzeln- 
heiten hiebei eingehender hervorzuheben, sobald dies zum besseren Ver- 
ständniss zweckdienlich erscheinen mag, wird um so eher gelingen, als 
') Vergl. llg's Anmerkung und Citat zu Cnp. XV der Ausgabe der Schedula in 
Bd. Vll der uQuellenschriften des k. lt, Oesterr. Museums: über eine Glosse des Codex 
(Nr. 1517) der Wiener Hofbihliothek: IHoc etinm in loco.... vacuum, duodecim circiter 
linearum, in quo ex deteriori et suhitarin mnnu legitur: ars arten-i delusit et qui 
hac artes sequitur trufator esse perhibetun-
	        
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