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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 6)

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Litteratur - Bericht. 
Böse Zustände im Gewerbe Ende des 1.9. Jahrhunderts. Von Martin 
Kimbel. Breslau, A. Kurtze, 1894.. 8 . tt5 S. 
Der Verfasser hat mit seiner im vergangenen Jahre erschienenen Schrift nNothruf 
des Kuustgewerbesu in gewissen Kreisen großen Beifall gefunden, vornehmlich, weil er 
nicht nur vorhandene Uebelstände zur Sprache brachte, sondern deren Vorhandensein 
einfach dem gewerblichen Unterrichtswesen zur Last legen wollte. Das neue Heft ver- 
folgt nicht eine so einseitige Tendenz. Es zahlt eine Menge Schäden auf, die, in den 
verschiedensten Verhältnissen begründet, langst erkannt und hundertfach besprochen 
worden sind, leider im buntesten Durcheinander und ohne wnhldurchdachte und klar 
ausgedrückte Vorschläge zur Abhilfe zu bringen. Ohne Zweifel gehören ungenügende Aus- 
bildung, Lehrlingsausnützung, unlautere Concurrenz, Titelsucht etc. etc. bei den Gewerbe- 
treibenden selbst zu den Ursachen des unbefriedigenden Zustandes, erschweren Mangel 
an Energie in den lnnungen, Maschinenarbeit, socialistische Wühlereien, Submissions- 
wesen und Anderes auch dern thatigen und redlichen Gewerbsmanne das Leben. Aber 
mit dem Rufe, dass das Alles anders werden müsse, ist wenig gewonnen. B. 
e 
Vorlagen für Pferde-Constructionszeichnen von Louis Braun. 48 Tafeln 
gr. 49., darunter 4 Photochrom-Reproductionen nach Original-Oel- 
gemälden des Verfassers. In 6 Liefgn. Zürich, Orell Fiissli. M. 16. 
Der Verfasser führt die Figur des Pferdes, den verschiedensten Stellungen ent- 
sprechend, in Entwürfen vor, deren Hauptformen in einfache, fast ausschießlich gradlinig 
begrenzte Flächen aufgelöst sind. Er zeigt ferner, wie diese einfachen schematischen 
Liniengerüste zur Anordnung der nach der Natur studirten, detaillirt durchgeführten 
Umrisse verwendet werden können. Dem Ausübenden wird hiedurch die Anleitung zu 
einem Verfahren gegeben, die Erscheinung leicht in ihren großen Zügen festzuhalten 
und die auch nachtrlglich noch bequem durchzubildenden Einzelnformen beim ersten 
Entwürfe unberücksichtigt zu lassen. 
Die photochromen Copien bieten die Gelegenheit zur Uebung in der Wiedergabe 
von Farbe und Schatten als Vorstufe zum Studium nach dem lebenden Thiere. 
M-t. 
e 
Antike Handarbeiten. Von Louise Schinnerer, Lehrerin an der lt. lt. 
Fachschule für Kunststickerei in Wien. Mit einer historischen Eins 
leitung versehen von Prof. Dr. Alois Riegl. Wien, R. v. Waldheim, 
1895. 4'. 25 S. 
Diesem Schriftchen gebührt die Bezeichnung einer wissenschaftlichen Leistung. 
Frau Schinnerer hat sich die Aufgabe gestellt, die Herstellungsweise der Handarbeiten 
unter den spatantiken Textilfunden aus Aegypten zu erklären und zu reconatruiren. Das 
Material für ihre Studien bot ihr die reiche Sammlung unseres Museums, die, wie sie 
die erste derartige in Europa war, auch diejenige blieb, von der die grundlegenden 
Untersuchungen über die antike Teztilkunst ausgingen. Unter den Handarbeiten -- 
Handarbeit im modernen Sinne, im Gegensatze zu den gewebten und gewirkten Arbeiten, 
aus denen die große Masse der agyptischen Funde besteht - bespricht die Verfasserin, 
indem sie die Stickereien bei Seite lasst, drei Gruppen: t. Durchbrochene Arbeiten, 
zu denen vor Allem die Mützen gehören, z. Borten und Bänder, 3. Strümpfe. Dass es 
der Verfasserin gelingt, die Techniken dieser Gruppen wieder aufzufinden und dadurch 
vielleicht den Anstoß zur Wiedereinführung derselben zu geben, ware an und für sich 
schon ein hübscher Gewinn, der aus den Bemühungen der Frau Schinnerer erwächst. 
Aber über dieses beschränkte, praktische Interesse hinaus beanspruchen die vorliegenden 
Ausführungen noch ein höheres, allgemeines. Frau Schinnerer ging bei ihren Unter- 
suchungen mit wissenschaftlicher Methode und wissenschaftlichem Spürsinn vor. Die 
richtige Erklärung und ungekünstelte Nachahmung der antiken Techniken wäre ihr wohl 
nicht gelungen, wenn sie dieselben nicht in der Volkskunst des slavischen Ostens wiedera 
gefunden hatte. Die eigenartige Durchbruchsarbeit mittelst Flechtens ist noch heute bei 
den Ruthenen in Galizien gang und gäbe, in Croatien in Spuren erhalten, war im Mittel- 
alter und, wie die zum Costüme einer siebenbürgischen Edelfrau aus dem t1. Jahrhundert 
gehörigen Hauben im Oesterr. Museum zeigen, noch vor zwei Jahrhunderten in der 
Uebung der städtischen Kreise. Die Herstellungsweise der Borten findet ihr Analogon 
in Bosnien. Je mehr sich nun auf allen Gebieten die Nachweise für das Fortleben an- 
tiker Techniken, Formen und Verzierungen in der Volkskunst von der Vereinzelung
	        
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