nirgends findet sich eine specielle Anordnung Christi, dessen ungenähte
Tunica ja gerade von den Evangelisten mit besonderem Nachdrucke bei
der Kreuzigung erwähnt wird. Selbst die wissenschaftlich merkwürdigen
Visionen der Katharina Emmerich, die durch ihre archäologische Treue
stellenweise geradezu frappiren, belassen in der priesterlichen Apostel-
kleidung noch immer so viel Freiheit, dass wir, bei unserer Ansicht bleibend,
gerne irgendwelche besondere Abzeichen, wie ein stolaartiges Band oder
einen Stab . . zugestehen; der Grundtypus des Priesterkleides aber ging
über Tunica und Pallium nicht hinaus. Dabei stehen wir auch in der Zeit
eines Domitian, unter dessen Regierung (81491) die Toga :der Paenula
nobilis allmälig weichen musste, freilich so langsam, dass noch Commodus
(t8o-i93), also ioojahre später, eine Neuerung einführte, wenn er den
Besuch der Arena nicht in der Toga, sondern in der Paenula, mit deren
Form wir uns ja noch eingehend zu beschäftigen haben, anbefahl. (Roh.
de Fleury Vll, p. 114..) Um diese Zeit, sagen wir, uns Wienern näher
liegend, ungefähr als Marc Aurel 180 hier in unserer Vaterstadt starb,
um die Mitte des z. Jahrhunderts war jenes älteste liturgische Bild in
der S. Friscilla-Katakombe schon entstanden, dessen geniale Entdeckung
durch Wilpert im Vorjahre so viel von sich sprechen machte. Wir be-
schreiben dasselbe nach einer guten Phototypie kurz dahin, dass es
sieben Personen darstelle, die, um einen sigmaförmigen Tisch (also
eine Art Halbmond) versammelt, an dem eucharistischen Mahle theil-
nehmen. Ohne eine Momentphotographie einer Katakombenmesse darin
sehen zu wollen, müssen wir doch die Aufmerksamkeit des Malers für
Costümdetails hervorheben, da er der einzigen Frauendarstellung darauf
das Ricinium über das Haupt legt, wie jetzt noch die italienischen
Frauen und Mädchen beim Betreten einer Kirche sich das Haupt ver-
hüllen, und so freilich manchmal etwas originell mit ihrem improvisirten
Riciniurn doch noch auf apostolische Zeit und die Mahnung des Apostels
Paulus erinnern, dass die Frau in der Kirche verhüllt zu erscheinen habe.
lst nun unser Maler hierin trotz aller Symbolik seines Bildes von
einem realistischen Zug nicht frei, wie er es auch in der treuen Wieder-
gabe eines Kelches mit Doppelhenkel zeigt, so dürfen wir seiner Art, die
Priesterkleidung in der Mitte des 2. Jahrhunderts darzustellen, doch auch
etwas historische Treue zumessen. Die vom Beschauer aus links gut er-
kennbare Eckfigur ist die des Liturgen, er nimmt den locus consularis,
den Ehrenplatz, beim mystischen Mahle ein; sprechend genug sagt seine
Handbewegung, es handle sich um die fractio panis, um die nGernein-
samkeit des Brotbrechensu; er ist der wqui fratribus praeestu, wie Justinus
der Martyrer den Bischof nennt, aber dem schärfsten Auge wird es un-
möglich sein, an ihm eine andersgeformte Kleidung zu finden, als Tunica
und Pallium, wie an den übrigen Figuren desselben Bildes. Das Pallium ist
ihm von der Schulter herabgesunken und legt sich in deutlich sichtbaren
Falten von der Mitte des Körpers an um die Beine, eine Partie unseres