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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 10)

erbrachte A bleit ungsbild in orthogonaler und schiefwinkeliger Parallel- 
proiection, sowie die centralperspectivische Fundamentaldarstellung des 
Würfels. 
Besonders in der Perspective werden dadurch manche, meiner 
Ansicht nach künstlich hervorgerufene Schwierigkeiten, die dem Lernen- 
den beim Uebergange vom anschaulichen Körperzeichnen zum construc- 
tiven Ermitteln des perspectivischen Risses begegnen, in zweckentspre- 
chender Art umgangen, indem der Lernende auch das perspectivische Bild 
auf dem bereits gewohnten Wege anschaulicher Vorkehrungen entstehen 
sieht und es dann leichter auf eine als Bildfläche gedachte Raumebene 
zu übertragen oder doch als auf letzterer existirend zu denken vermag. 
So zeigt der Gegenstand in seinen Hauptpartien immer die einheitliche 
Gestaltung, verjüngt sich gleichsam beständig in sich, und der Unter- 
schied zwischen der auf natürlichem Wege erzielten Abbildung räumlicher 
Obiecte und künstlichen Darstellungsarten kann in den trennenden und 
verbindenden Merkmalen gar nicht besser vor das im Sehen sich übende 
und durch Sehen scharf werdende Auge geführt werden. Auch in Hin- 
sicht auf die Schattenlehre ist die besprochene Praxis durchführbar, und 
indem wir dem Schüler den Schattenraum selbst wieder als geometrischen 
Körper vorführen, zeigen wir ihm auch in dieser Partie die Einheit des 
Ganzen. 
Es ist eine dankenswerthe Einrichtung, dass das Constructions- 
zeichnen im nächsten Schuljahre nicht abbricht, sondern in den Fächern: 
Formen- und Stillehre zu ausgreifender Anwendung gelangt. Durch 
den fesselnden Reiz combinirter Formen und Farben werden, vornehm- 
lich Objecte der Architektur, zu bildlicher und künstlerischer Gestaltung 
gebracht und auf diese Weise das constructive Princip auf die 
Kunstform übertragen. Das Componiren im frei entworfenen 
perspectischen Raume schließt ein Capitel, wie es für den Jünger 
des kunstgewerblichen Zeichnens kaum bildender gedacht werden kann. 
Reihen Sie diesen Gegenständen das figurale Zeichnen an, das die 
Naturform künstlerisch zu durchgeistigen hat und so Schöpfungen her- 
verbringt, die einem intimen Verständnisse und richtiger Auffassung des 
Gesehenen nach seinen charakteristischen Merkmalen entsprechen, so 
finden Sie, wie ein leitender Gedanke das ganze Lehrgebiet beherrscht 
und auf die Schüler mit an Offenbarung mahnender Nachhaltigkeit und 
Lehrfülle wirkt. 
Die im Voranstehenden geschilderte Unterrichtsertheilung in den 
zeichnenden Disciplinen sucht alle in dem Schüler ruhenden Anlagen für 
Zwecke höherer Lehreinsicht auszunützen. Die vornehmliche Aufgabe 
bleibt es, die Phantasie anzufachen und so den Lernenden aus dem 
Kerne seines Wesens zu fördern. An Anstalten, die es mit kunstgewerb- 
liehen oder rein künstlerischen Erziehungs- und Ausbildungszwecken zu 
thun haben, ist dies sicherlich ein wesentliches Erforderniss. Es wäre 
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