durchaus griechischen weiblichen ldealkopf streng archaischen Stiles ge-
schaffen. Einen ähnlichen, in seinem Parallelisrnus höchst lehrreichen
Umbildungsprocess nehmen mehrere Jahrhunderte später die in Aegypten
lebenden Griechen an den für ihre Todten bestimmten Mumiensärgen vor,
wobei sie auf einem langen Wege zu den in Malerei ausgeführten Porträt-
bildern der Verstorbenen gelangten, während man jenes erste Mal über
Idealtypen nicht hinauskam.
Nach dem dritten Vertreter der anthropoiden Sarkophage setzt die
griechische Kunst, deren Stern immer glänzender aufging, in die sido-
nischen Grabkammern durchaus selbständige Werke. Vier von diesen
Sarkophagen sind mit Sculpturen verziert. Es haben sich für sie die
Namen lykischer Sarkophag, Satrapen-Sarkophag, Sarkophag der klagenden
Frauen und Alexander-Sarkophag eingebürgert.
Der lykische Sarkophag, der zuerst betrachtet werden möge, weil
er in der Reihe der übrigen vereinzelt dasteht, hat seinen Namen von
der für Lykien typischen, dem Holzbau entlehnten Sargform mit dem
colossalen Spitzbogendeckel. Wie er der erste ist, der außerhalb der
Heimat seiner Gattung gefunden wurde, unterscheidet er sich von den
Tausenden von dorther bekannten Exemplaren dadurch, dass er nicht
aus Kalkstein, sondern aus parischem Marmor verfertigt ist. Die Reliefs
am Kasten und an den beiden Giebelfronten - Amazonen auf der
Löwenjagd, berittene Jünglinge auf der Eberiagd, Kentauren, die sich
um ein Rehltalb balgen und den unverwundbaren Kaineus unter Steinen
vergraben, in den Giebeln Greife und Sphinxe - weisen im Stile und
in den Motiven eine bis in's Kleinste gehende Abhängigkeit von den
Parthenon-Sculpturen auf; trotzdem hat man den Künstler dieses Werkes
nicht unter den Attikern zu suchen, sondern in der Künstlerschule, die
zur Zeit des peloponnesischen Krieges in Lykien ihätig war.
Die drei übrigen Sarkophage vertreten den Typus des eigentlichen
griechischen tempelförmigen Sarkophages, dessen Geschichte sie für uns
als die drei wichtigsten Documente einleiten und zugleich als drei Ent-
wicklungsstufen für einen Zeitraum von etwa x80 Jahren in geradezu
glänzender Weise ausfüllen. Das älteste, rein griechische Monument, auf
das man bis jetzt angewiesen war, ist der Amazonen-Sarkophag im
Wiener Hofmuseum, der sich chronologisch zwischen dem vorletzten
und letzten unserer Serie einschiebt, der aber für die architektonische
Geschichte der ganzen Gattung ohne Bedeutung ist.
Täuscht nicht Alles, so weist der neue Fund den Weg, wo wir
den Ursprung des griechischen tempelförmigen Sarkophages zu suchen
haben. Dass es nicht das Mutterland sein kann, für welches bei der Sitte
der Verbrennung die Sargform nicht in Frage kam, ist an und für sich
klar. Wenn nun der Kasten des Satrapen-Sarkophages mit seiner ge-
drückten flachen Fortn lebhaft an die phönikischen Theken erinnert und
zugleich bei viereckiger Außenseite eine anthropoidische Höhlung des