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Angelegenheiten des Oesterr. Museums und der mit
demselben verbundenen Institute.
Se. Majestät der Kaiser hat am 18. v. M. das k. k. Oesterr.
Museum mit Allerhöchst Seinem Besuche ausgezeichnet. Se. Majestät
fuhr um ro Uhr Vormittags in Begleitung des Flügeladjutanten Frei-
herrn von Buttlar beim Museum vor, und wurde daselbst vom Vice-
Director des Museums, Reg.-Rath Bruno Bucher, Bibliothekar-Scriptor
Franz Ritter. Custos-Adjunct Dr. Ed. Leisch ing, dem Vice-Präsidenten
des Wiener Kunstgewerbe-Vereins, kais. Rath Laurenz Gstettner, und
dem Ausschussmitgliede des Vereins, Bau- und Kunstschlosser Ludwig
Wilhelm, ehrfurchtvollst empfangen und in den Säulenhof geleitet. Zuerst
besichtigte Se. Majestät die Schabkunst-Ausstellung, wobei Biblio-
rhekar-Scriptor Ritter die entsprechenden Erklärungen gab. Se. Majestät
bekundete das lebhafteste Interesse für die historische Entwicklung dieser
Technik, für die Blätter von Ludwig von Siegen, Rupprecht von der Pfalz,
dann vor Allem für die Wiener Schule und die reiche Abtheilung der
englischen Schabkünstler, in welcher besonders die Blätter nach Gemälden
von Reynolds, Gainsborough und Lawrence die Allerhöchste Aufmerk-
samkeit erregten. Se. Majestät war von der Ausstellung sehr befriedigt
und äußerte Sich sehr anerkennend über ihre Reichhaltigkeir.
Hierauf verfügte Sich Se. Majestät in die Räume des Wiener Kunst-
gewerbe-Vereins zur Besichtigung der Weihnachts-Ausstellung, wo
der Vice-Präsident kais. Rath Gstettner, in Vertretung des erkrankten Prä-
sidenten kais. Rathes Hanusch, Se. Majestät ehrerbietigst begrüßte und
der Schriftführer des Vereins, Custos-Adjunct Dr. Leisching, während
des Rundganges die nöthigen Auskünfte ertheilte. Se. Majestät besichtigte
eingehend die ausgestellten Gegenstände, zeichnete mehrere Aussteller
durch gnädige Ansprachen aus, erkundigte Allerhöchst Sich nach dem
Erfolge der Antwerpener Ausstellung und nahm die bezüglichen Mitthei-
lungen mit Befriedigung entgegen, den Wunsch daran knüpfend. der
moralische Erfolg möge auch gute praktische Folgen haben, worauf Reg.-
Rath Buch er in der Lage war, auf die ernstlichen Anstrengungen der
Kunstindustriellen zur Hebung des Exportes hinzuweisen. Zwei polychro-
mirte Statuetten (Christus und Maria) von Bildhauer Zelezny und ein
Fächer, gemalt von Anna Plischke. wurden von Sr. Majestät angekauft.
Se. Majestät besichtigte sodann die im Säulenhofe ausgestellte, im Buda-
pester Museum gearbeitete galvanoplastische Copie der Arca S. Simeonis
(aus Zara) und die auf Kosten des l-loftiteltaxenfonds nach einem Entwurfe
von Professor Herdtle vom Hof-Vergolder Threm und Maler Rößler
ausgeführte Truhe und begab Sich hernach in den Saal Vl, um die von
Caponetti (Neapel) ausgestellte pompejanische Schlafzimmer-Einrichtung
in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit besichtigte Se. Majestät
auch die Arbeiten galizisch-ruthenischer Hausindustrie (Kilims, Vorhänge,
Wandbehänge und Teppiche), welche Se. Majestät sehr interessirten.
Schließlich wurde das gestickte Bild der Madonna von Czenstochau und
eine gestickte Mitra aus dem Kunststickerei-Atelier der Frau Emilie Py-
dynkowska (Krakau) besichtigt, welche Arbeiten Se. Majestät als sehr
gelungen bezeichnete.
Hiemit war der Rundgang, der ungefähr fünfViertelstunden gewährt
hatte, beendet, und Se. Majestät verließ mit dem Ausdrucke der Aller-
höchsten Zufriedenheit das Museum.