kern gibt, die auf einer viel tieferen Culturstufe stehen und doch in Be-
ziehung auf handwerksmäßige Erzeugung Besseres und Schöneres leisten
als wir. Wenn wir nach Indien oder -- um nicht so weit zu greifen -
nach Bosnien gehen, so finden wir noch immer Schmiede, welche auf
sehr primitiven Herden, blos mit Hammer und Zange, im Stande sind,
aus einem Stücke Silberdraht oder aus einer Münze in sehr kurzer Zeit
eine sehr schöne Filigrannadel zu fertigen. Die Schmiede bildeten eine
eigene Zunft, sie besaßen Zauberkräfte und wurden selbst in den Kreis
der Götter erhoben. Die eigenthümliche Geschicklichkeit solcher Hancla
werker, welche sich in ihr Gewerbe eingelebt, soll nicht verachtet werden,
und ich glaube, dass trotz aller unserer Erfindungen und Fortschritte,
die wir in der letzten Zeit gemacht, unsere technischen Handwerker
und Industriellen noch außerordentlich viel von der Mechanik jener Leute
zu lernen haben und mit Achtung und Bewunderung die Werke iener
ersten Culturperiode betrachten sollten.
Der Handfertigkeitsunterricht in Leipzig.
Von R. v. Eitelberger.
Bei meiner Anwesenheit in'Leipzig habe ich Anlass genommen, mich
über den Stand des dortigen Handfertigkeitsunterrichtes zu informiren,
und theile hier meine Wahrnehmungen kurz mit. Man geht in dieser
Angelegenheit in Sachsen sehr verständig vor. Die Leipziger Schüler-
werkstatt befindet sich in den Localen der alten Thomasschule, welche
ihr von dem Stadtrathe zur Verfügung gestellt wurden. Die Schüler-
werkstatt wurde von der vgemeinnützigen Gesellschaftu in's Leben
gerufen. Diese Gesellschaft, die nach dem Vorbilde der gleichnamigen
Baseler Gesellschaft organisirt ist, gehört zu den nützlichsten Institu-
tionen Sachsens. Sie hat keinen ausgesprochenen politischen Charakter,
greift aber überall ein, wo ihr Eingreifen nöthig ist. Die Localitäten sind,
wie alle alten Schullocalitäten, winkelig, aber sie sind recht geräumig.
Die Jungen, die ich in der Schule traf, waren sehr vergnügt und mit der
Arbeit beim Modelliren, mit Tischler-, Schlosser- und Papparbeiten eifrig
beschäftigt. Die Schule bewegt sich ganz auf dem Boden des Volksschul-
gesetzes und wird innerhalb der Zeit ertheilt, in welcher kein Schulunter-
richt stattfindet. Der Eintritt in die Schule ist kein obligatorischer. Die
Anmeldung geschieht durch die Eltern. Die Zahl der Anmeldungen ist
im Winter größer als im Sommer, und steigt von Jahr zu Jahr. Das
Programm der Schule ist folgendes:
ln den von Lehrern geleiteten Schülercursen wird Unterricht in Papier- und
Papparbeiten, Tischlerei, leichten Metallarbeiten, im Holzschnitzen
und ModelLiren ertheilr. Dieselben finden an den Mittwochs- und sonnabends-Nach-
mittagen, und nach Bedürfniss auch an den übrigen Wochentagen in der Zeit von 5 bis
Uhr Abends statt. ln jedem Cursus werden wöchentlich zwei unmittelbar aufeinander
folgende Unterrichtsstunden ertheilt. Bei der Anmeldung eines Schülers wolle man die
für ihn geeignetste Unterrichtszeit gefällig bemerken.