MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 229)

kern gibt, die auf einer viel tieferen Culturstufe stehen und doch in Be- 
ziehung auf handwerksmäßige Erzeugung Besseres und Schöneres leisten 
als wir. Wenn wir nach Indien oder -- um nicht so weit zu greifen - 
nach Bosnien gehen, so finden wir noch immer Schmiede, welche auf 
sehr primitiven Herden, blos mit Hammer und Zange, im Stande sind, 
aus einem Stücke Silberdraht oder aus einer Münze in sehr kurzer Zeit 
eine sehr schöne Filigrannadel zu fertigen. Die Schmiede bildeten eine 
eigene Zunft, sie besaßen Zauberkräfte und wurden selbst in den Kreis 
der Götter erhoben. Die eigenthümliche Geschicklichkeit solcher Hancla 
werker, welche sich in ihr Gewerbe eingelebt, soll nicht verachtet werden, 
und ich glaube, dass trotz aller unserer Erfindungen und Fortschritte, 
die wir in der letzten Zeit gemacht, unsere technischen Handwerker 
und Industriellen noch außerordentlich viel von der Mechanik jener Leute 
zu lernen haben und mit Achtung und Bewunderung die Werke iener 
ersten Culturperiode betrachten sollten. 
Der Handfertigkeitsunterricht in Leipzig. 
Von R. v. Eitelberger. 
Bei meiner Anwesenheit in'Leipzig habe ich Anlass genommen, mich 
über den Stand des dortigen Handfertigkeitsunterrichtes zu informiren, 
und theile hier meine Wahrnehmungen kurz mit. Man geht in dieser 
Angelegenheit in Sachsen sehr verständig vor. Die Leipziger Schüler- 
werkstatt befindet sich in den Localen der alten Thomasschule, welche 
ihr von dem Stadtrathe zur Verfügung gestellt wurden. Die Schüler- 
werkstatt wurde von der vgemeinnützigen Gesellschaftu in's Leben 
gerufen. Diese Gesellschaft, die nach dem Vorbilde der gleichnamigen 
Baseler Gesellschaft organisirt ist, gehört zu den nützlichsten Institu- 
tionen Sachsens. Sie hat keinen ausgesprochenen politischen Charakter, 
greift aber überall ein, wo ihr Eingreifen nöthig ist. Die Localitäten sind, 
wie alle alten Schullocalitäten, winkelig, aber sie sind recht geräumig. 
Die Jungen, die ich in der Schule traf, waren sehr vergnügt und mit der 
Arbeit beim Modelliren, mit Tischler-, Schlosser- und Papparbeiten eifrig 
beschäftigt. Die Schule bewegt sich ganz auf dem Boden des Volksschul- 
gesetzes und wird innerhalb der Zeit ertheilt, in welcher kein Schulunter- 
richt stattfindet. Der Eintritt in die Schule ist kein obligatorischer. Die 
Anmeldung geschieht durch die Eltern. Die Zahl der Anmeldungen ist 
im Winter größer als im Sommer, und steigt von Jahr zu Jahr. Das 
Programm der Schule ist folgendes: 
ln den von Lehrern geleiteten Schülercursen wird Unterricht in Papier- und 
Papparbeiten, Tischlerei, leichten Metallarbeiten, im Holzschnitzen 
und ModelLiren ertheilr. Dieselben finden an den Mittwochs- und sonnabends-Nach- 
mittagen, und nach Bedürfniss auch an den übrigen Wochentagen in der Zeit von 5 bis 
Uhr Abends statt. ln jedem Cursus werden wöchentlich zwei unmittelbar aufeinander 
folgende Unterrichtsstunden ertheilt. Bei der Anmeldung eines Schülers wolle man die 
für ihn geeignetste Unterrichtszeit gefällig bemerken.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.