Das Leipziger graphische Museum und die Zukunft des
Buchgewerbes.
Von R. v. Eitelberger.
Die Gründung eines graphischen Museums wird nirgendwo mit
solchem Ernste vorbereitet, als in Leipzig. Die k. Staatsregierung hat
an jene Körperschaften, welche sich daselbst mit der Pflege der graphi-
schen Künste beschäftigen, die Frage gerichtet: nSteht die graphische
Kunst in Leipzig auf einer, dessen höherer Stellung in dem Kunstgewerbe
angemessenen Stufe? Und wenn nicht, durch welche Mittel ist es mög-
lich, Leipzig den altbewährten Ruf einer Druckerstadt zu erhalten und
ihn für alle Zeiten zu befestigen?" Der König von Sachsen verfolgt mit
nachhaltigem Interesse diese Angelegenheit, welche für Sachsen, aber
insbesondere für Leipzig, eine Lebensfrage ist. Es ist sehr begreiflich, dass
die Vorstände des sächsischen Buchdruckervereines, des Vereines der
Leipziger Druckereibesitzer und der typographischen Gesellschaft es für
ihre Pflicht gehalten haben, dieser Aufforderung der k. Staatsregierung
zu entsprechen. Auf Grund von eingehenden Berathungen, zu welchen
auch Vertreter der Regierung beigezogen wurden, wurde von Hrn. Carl
B. Lorck, einem hervorragenden Fachmann'), eine Denkschrift aus-
gearbeitet, welche dem k. Ministerium des Innern überreicht wurde und,
um Ostern 1884 bei Breitkopf und Härtel gedruckt, uns vorliegt. Die
Denkschrift führt den Titel: "Die Zukunft des Buchgewerbes in
Leipzig." Schreiber dieses hat wiederholt auf die Bedeutung der
graphischen Künste für die österreichische Monarchie aufmerksam ge-
macht, so dass er hoffen kann, die Leipziger Berathungen werden auch
in Oesterreich die Aufmerksamkeit der Fachmänner auf sich ziehen.
Das genannte Comite schlägt die Gründung einer Reihe von ln-
stitutionen zur Pflege der graphischen Künste in Leipzig vor, und zwar:
l. Die Gründung eines graphischen Museums ersten Ranges,
verbunden mit einer ebenbürtigen Fachbibliothek nebst Lesezimmer
und kleineren belehrenden wöchentlichen Ausstellungen; i
z. einer höheren graphischen Fortbildungsanstalt (Aka-
demie) für Ausgelernte, oder in Bildung genügend Vorgeschrittene,
daneben Fachunterricht für Lehrlinge;
3. Pflege der von dem Börsenvereine der deutschen Buchhändler
unternommenen jährlichen Ausstellungen mit praktischen Zielen
vor Augen;
4.. die Begründung eines Vereines von Angehörigen der Buch-
gewerbe im weitesten Sinne des Wortes in Leipzig, also mit Einschluss
') Consul C. B. Lorck hat im Jahre 1883 ein nHandbuch der Geschichte
der Buchdruck erkunstl in Leipzig bei J. J. Weber in zwei Banden verotfentlicht,
das für Alle von ganz besonderer Bedeutung ist, welche sich für die Geschichte der
Buchdruckerltunst inleressiren.