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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 6)

zurückgeführt hat, dessen Existenz als Seidenweber zwar genügend be- 
zeugt ist, als Teppicherzeuger aber völlig legendarisch zu sein scheint. 
Die vergleichende Betrachtung der zahlreichen ausgestellten Vertreter 
dieser Gruppe (vom Allerh. Hofe, Fürsten Johann Liechtenstein, Graf 
Schönborn, Dr. Figdor, Baron Albert und Nathaniel Rothschild, M. von 
Bogdanowicz u. A.) lässt die geschilderten Besonderheiten nicht so be- 
deutend erscheinen, dass eine orientalische Herkunft derselben undenkbar 
wäre. Eine locale Zuweisung ist allerdings mit den heutigen Mitteln 
nicht möglich. Einige Verwandtschaft zeigen sie mit einer anderen Gruppe 
von Teppichen, die ebenfalls durch eine nahezu barocke Bildung der 
Ranken', von denen größere ausgeschweifte Compartimente umschlossen 
werden, also durch ein gleichfalls europäisirendes Element ausgezeichnet 
erscheint. Der Umstand, dass diese letzteren 'l'eppiche (Berliner und 
Leipziger Kunstgewerbemuseum, Handelsmuseum) unter Anderem auch 
die specilischen Motive der sogenannten rhodischen Fayencen aufweisen, 
könnte auf kleinasiatischen oder syrischen Ursprung schließen lassen, und 
man hat dieselben sogar mit einer ganz bestimmten Persönlichkeit, einem 
hochgestellten türkischen Beamten europäischer Abstammung, der im 
16. oder I7. Jahrhundert gelebt hat, in Verbindung gebracht; der Beweis 
bleibt abzuwarten. 
Der Umstand, dass die sogenannten Polenteppiche fast ausschließlich 
im Abendlande und zwar in der östlichen Hälfte desselben, insbesondere 
im Besitze fürstlicher Persönlichkeiten, nicht aber im Oriente zum Vor- 
schein gekommen sind, lässt sich aus dem Charakter derselben als Ex- 
portwaare erklären, die der orientalische Erzeuger nicht zur Eigen- 
benutzung verwendete. Auch die geringere Sorgfalt in der Ausführung 
der Wirkerei, sowie das europäisirende Element in der Zeichnung kann 
man auf diese Weise erklären. Schriftliche Nachrichten über europäische 
Teppichbestellungen im Orient haben sich mehrfach erhalten; einen 
Hauptstapelplatz für diesen Handelszweig in früheren Jahrhunderten 
scheint Lemberg gebildet zu haben. Es steht wohl zu hoffen, dass die 
Verölfentlichung archivalischen Materials derrnaleinst noch endgiltige Klar- 
heit in die Frage der Polenteppiche bringen wird. 
Eine dritte Gruppe von Teppichen, die Gold und Silber, und zwar 
immer in Begleitung von Seide, zur Verwendung bringt, ist diejenige, 
die man mit der Bezeichnung Susandschird zu benennen pilegt. Das 
Charakteristische dieser Gattung liegt in der technischen Anbringung der 
Metallfäden, die nicht so wie in den vorhin behandelten Gruppen ein- 
gewirkt, sondern an die Kettfäden angeschlungen sind und daher auch nicht 
eine glatte, sondern eine wie mit Stricken belegte, gerunzelte Fläche 
darbieten. Es soll aber hier gleich bemerkt werden, dass diese Technik 
innerhalb der orientalischen Teppicherzeugung keineswegs so isolirt 
dasteht wie man bisher anzunehmen geneigt war. Es ist nämlich im 
Grunde dieselbe Technik, in welcher die Sumakteppiche hergestellt
	        
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