MAK

Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1891 / 6)

Sinne wurde eine Aufnahmsjury berufen, welche einzig aus Künstlern, 
Malern wie Bildhauern, gebildet war. Sie hat sehr strenge ihres Amtes 
gewaltet; von viertausend eingesendeten Photographien sind nur sechs- 
hundert zur Ausstellung angenommen worden, diese sechshundert aber 
sind alle gut und interessant, jede für sich, Zeugen einer hohen photo- 
graphischen Leistungsfähigkeit, und zugleich auch einer künstlerischen, 
auf welche es ja abgesehen war. 
Da zeigt sich nun eine auffallende neue Erscheinung. Bisher ging 
die Photographie darauf aus, ihre Objecte, was immer sie waren, so 
scharf, bestimmt, klar und deutlich wie nur möglich darzustellen, jedes 
Detail erkenntlich auch im kleinsten Format. Das ist aber nicht künst- 
lerisch. Es kann sein, dass auf diesem Wege auch malerische Stim- 
mungen in der Natur, wenn sie in der Landschaft vorhanden sind, ge- 
treffen werden, aber es ist nicht künstlerische Absicht. Die Kunst er- 
fordert oft ein Verschweigen und Verschwinden des Details; die Kunst 
will darstellen wie das menschliche Auge sieht: das Nahe deutlich, das 
Ferne abgetönt, Schatten und Lichter "abgestuft oder in Contrast gesetzt, 
die Wirkung der Luftperspective und was Alles sonst ein künstlerisches 
Gemälde erfordert. Das nun ist es, was gleicherweise eine neue Schule 
der Photographie anstrebt; sie will mit ihren Mitteln Bilder, Gemälde 
in dem gleichen Sinne schaffen, freilich nur je mit der einen Farbe, die 
ihr zu Gebote steht. Diese neue Schule der Bildphotographie ist in 
England entstanden, und England hat auch eine ganze Reihe Repräsen- 
tanten gesendet, eine Reihe von Namen mit je einer größeren Anzahl 
ganz vorzüglicher Photographien. 
Unter ihren Arbeiten stehen in erster Linie Landschaften der ver- 
schiedensten Art und in den verschiedensten Stimmungen, sanfte, stille 
Landschaften, paysages intimes, wie sie England eigen sind, Scenerien 
im Morgenllchte, in dämmernder Abendbeleuchtung, im Mondenlicbte, 
in Wetter und Sturm, in nächtlichem Dunkel, in Nebel, Reif und Schnee; 
sodann Marinen, die offene See mit jagenden Wolken und den blitzenden 
Lichtern auf den Wellen, die überstürzenden Wogen der Brandung, die 
her-ankommende Flut und das Abgleiten der Ebbe. Alles das ist künst- 
lerisch dargestellt, mit dem Gesammteindruck und der Haltung eines 
Gemäldes, mit der Abdämpfung des Details. Und mehr noch. Nicht selten 
gesellt sich dazu eine charakteristische bedeutungsvolle Stalfage: Arbeiter 
auf dem Felde oder vor dem Hause, wandernde Schafherden, weidende 
Kühe, Reiter und Fußgänger, die doch alle in Bewegung sind und darum 
nur durch Momentaufnahmen in ihrer Natürlichkeit festgehalten werden 
konnten. 
Das gleiche, in der Landschaft vollkommen gelungene Ziel ist auch 
in der figürlichen Darstellung, im Genrebild und im Porträt verfolgt 
worden, wohl nicht ganz mit dem gleichen Glücke, denn die Jury scheint 
nur Weniges zugelassen zu haben. Die Aufgabe war auch schwieriger,
	        
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