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schrißlichen Abhandlung über dieses Project, andererseits in einem mündlichen Examen
über Arithmetik und Algebra, Geometrie und descripüve Geometrie zu bestehen hat.
Die Studien dauern 3 Jahre; jedes Jahr besteht aus einem Schulcurse und einem
Ferislcurse. Während des Schnlcurses (vorn 10. November bis 10. August) dauert der Unter-
richt - mit Unterbrechung von einer Stunde - täglich von halb 9 Uhr Morgens bis halb
5 Uhr Abends.
Die Schule enthält mehrere von verschiedenen Meistern geleitete
Ateliers,- jeder Elave wiihlt sich beim Eintritt sein Atelier, beziehungsweise seinen Lehrer
selbst. In diesem Atelier lernt jeder Schüler die Fundamentbcgride und technischen Ausdrücke
und nllmäilig die schwierigeren Aufgaben der Architektur kennen; er geht von einfachen Go-
pirungen über zu selbstständigen Entwürfen, Restaurationen und zur Theilnahme an Con-
cursen, je nach dem Grade seiner Ausbildung,
Der Zögling ist im Atelier völlig frei; er verwendet und benützt seine Zeit, wie er
es für die verschiedenen Bedürfnisse des Ilnterrichts am geeignetsten hält, er nimmt ganz
nach eigenem Ermessen den Rnth des Meisters oder die Bibliothek der Schule in Anspruch.
Ausser dem Atelier, aber in der Schule selbst, vereinigen sich die Zöglinge
in den für den Zeichnenunterricht und die Vorlesungen bestimmten Stunden. Die Vorlesungen
haben jene positiven Kenntnisse, welche das technische Wissen des Architekten ausmachen
und jene Doctrineu zum Gegenstands, welche den Zweck und Beruf der Architektur behandeln.
Alle diese Studien sind obligat; sie werden geübt durch fortwährende Concurse über
die von dem Meister gegebenen Programme, durch Conferenzen, in welchen die Schüler-
arbeiten nngegriden und vertheidigt werden, endlich durch eine Reihe von Examen der
Repetitoren über die verschiedenen Gegenstände der Vorlesungen.
Am Schlüsse jedes Jahres finden General-Priiflmgeu statt, von deren Erfolg der
Uebergang in die höhere Abtbeilung abhängig ist.
Während der Vncanzen kehren die Zöglinge in den Schooss ihrer Familie zu-
rück oder sie treten Reisen an; bei ihrem Wiedereintritte sind sie jedoch gehalten, eine Origi-
nalarbeit (Zeichnungen, Skizzen, Restaurationen, Ansichten, Abhandlungen oder Notate) über
solche Architekturwerke vorzulegen, welche während der Ferienzeit ihre Aufmerksamkeit
und ihre Studien auf sich gezogen haben. Diese Arbeiten werden nach Verdienst beurtheilt
und nehmen auf die Clnssiiicatiou und dns Avancement des Zöglings Eintluss.
Am Schlüsse des dritten Jnhres werden die Schüler, welche bis dahin allen
Anforderungen entsprochen, zu dem [Iauptexamen (eoncaur: glnäral) zugelassen und
erhalten, falls sie dasselbe gut bestehen, ein Diplom.
Der Concurs besteht in der Ausarbeitung eines Projects über ein gegebenes Programm.
Das Programm wird von einer eigenen Cornmission entworfen, welche aus den Chefs der
Ateliers, dem Professor der Theorie der Architektur, jenem der vergleichenden Architektu-
geschichte und dem Director der Anstalt als Vorsitzenden zusammengestellt ist.
Der Concurs dauert vom 15. Juni an 5') Tage. Die Projecte können von Abhand-
lungen oder von was immer für Bemerkungen, welche der Goncurrent zum Verstiudnissa
seiner Arbeit für nüthig hält, begleitet sein.
Eine Jury von fünf Personen, Professoren der Schule und Architekten von hervor-
ragender Stellung, heurtheilen die Concursarbeiten. Vor der Beurtheilung durch die Jury
iindet eine ößentliche Ausstellung sürnmtlicher Projecte durch drei Tage stutt, auch die
Beurtheilung selbst ist ödentlich. Jeder Concurrent wird eingeladen, sein Project der Jury
gegenüber zu vertheidigen. Die Discussion, an welcher jeder Juror theilnimmt, kann sich
auf alle Puucte ausdehnen, welche die Kunst und ihre Mittel betrafen.
Der Beurtheilung gemiiss votirt und classiüeirt die Jury die sämmtlichen Projects,
wornach die Ertheilung der Diplome vor sich geht.
Diejenigen Zöglinge, welche kein Diplom erhalten, haben das Recht, an dem Con-
curse des nächsten Jahres theilzunehmen.
Die höhere Leitung der Anstalt ist dem Director in Gemeinschaft mit dem
Rathe der Schule anvertraut.
Der Unterricht in der Schule besteht a) aus denjenigen Unterweisungen, welche
die Chefs der einzelnen Ateliers den Zöglingeu ertbeilen; b) aus dem Unterricht des Zeichen-
lehrers in den speciell für das Zeichnen bestimmten Stilen (die Schüler fertigen Zeichnungen
aller Art. an: Figurales, Thiere, Pflanzen, Ornament, Lnndscbsti, Architektur; sie machen
ihre Studien zuerst nach dem gezeichneten oder grsvimn Originale, dann nach plastischen
Vorlagen und nach der Natur. Diese Studien sind verbunden mit speciellsn Uebungsn,
welche den Zweck haben, das Gedächtnis; und die Beobachtung zu schlrfen und die
jungen Architekten dahin zu bringen, nicht nur nach dem vorhandenen Modelle, sondern
auch nach dem Gediichtniss und aus der Vorstellung eine Zeichnung zu entwerfen); e) aus
den in den Vorlesungssälen gehaltenen Vorträgen.
Die Ge ge n s t i n d e dieser Vorlesungen sind folgende z,