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Zweifßr Jahrgang. 15. Februar 1867.
k. k. österr. Museums für Kunst ä Industrie.
(Monatschrift für Kunst 8:. Kunstgewerbe.)
(Am 15. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. - Abonnementspreis per Jahr 3 ll. ö. W.
Redncteur Dr. G. Thu. Expedition von C. Geroldha Sohn. Man sbonnirt im Museum, hei
C. Gerold's Sohn, durch die Postunstulten, sowie durch alle Buch- und Kunsthsndlungen.)
I n h llt: Moderne Goldlchmiedlkuust. - Ueber Blugesteiue. Von Prof. E. Buel I. ll. - Ein Unheil über
die kuustiudustriellen Bellrebungeu in Oenterrelch. - Fnnlellung der im k. k. Mllleun zu Wien
kiullichen Gypllbgülle. - Kleinere litdiellungeu. -- Neue Erwerbungen der Bibliothek.
(im einer Heilige. m du Slirko eiues halben Drudlbageul.)
Moderne Goldschmiedekunst.
J. F. Je edler eine Kunst, desto tiefer kann sie sinken. Dies gilt
auch vom Kunsthandwerk und also zunächst von der Goldschmiedekunst,
welche der Ungeschmack des 19. Jahrhunderts aufs tiefste getrolfen hatte.
Wir nennen die Goldschmiedekunst die edelste unter ihren Schwestern,
nicht sowohl weil sie die kostbarsten Stoffe, die an sich edlen Steife, die
edlen Metalle, Perlen und Edelsteine, zur Verwendung bringt, sondern
wegen der künstlerischen Eigenschaften dieser Stoffe. Denn Gold und
Silber fügen sich mit der höchsten Nachgiebigkeit und Schmiegsamkeit
in alle Intentionen des Künstlers und versagen ihm nie spröde den Dienst,
was er auch von ihnen verlangen mag: sie lassen sich ausziehen zu den
zartesten, gekörnten Fäden des Filigrane, die für sich allein ein reizendes
Genre der Ornamentation vertreten; für Giessen und Treiben , Stechen
und Ciseliren gleich passend, dulden sie die feinste Ausführung, die
höchste Vollendung der Formen; selber schon Farbe, nehmen sie durch
Niello und Email noch die feurigsten opnken wie transparenten Farben
auf und fügen so die malerischen Reize zu den plastischen; endlich gehen
sie mit den Edelsteinen die mannigfachsten Verbindungen ein und wissen
so such das Spiel des farbigen Lichts zu künstlerischer Verwerthung zu
bringen.
Bei solchen Arbeiten verlangen sie freilich, und mit vollstem Recht,
Geduld, Liebe, eine geschickte Hand und eine künstlerische Phantasie.
Leidr-r sind diese Eigenschaften im Verlauf der letzten Jahrhunderte mit
dem allgemeinen Sinken der Kunst und des Geschmacks zum guten Theil
abhanden gekommen, und es gilt heute, sie wieder zu gewinnen.
Welch ein Unterschied, wenn wir die Werke der Goldschmiedekunst
des 16. Jahrhunderts mit denen des 19., wenn wir die Künstler jener Zeit
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